Weckruf Umwelt vor der Nationalratswahl: 9 umweltpolitische Forderungen an die Politik

Die Nationalratswahl am 29. September rückt näher. Klima- und Umweltpolitik stehen mittlerweile bei fast allen Parteien auf der Agenda, hinsichtlich konkreter Maßnahmenvorschläge gibt es allerdings deutliche Unterschiede. Wir wollen in dieser Zeit die Aufmerksamkeit von Wahlkampfpolemik auf die tatsächlichen Anforderungen aus Umweltperspektive lenken. Die Brennpunkte und erforderlichen Maßnahmen sind nicht neu, ihre Brisanz jedoch angesichts der Klimakrise und des Artensterbens aktuell wie nie. Richtung Politik heißt das: Wer im Wahlkampf mit vollem Ernst für die Umwelt sprechen will, kommt an den geforderten Maßnahmen nicht vorbei – rasches und konsequentes Handeln ist wichtiger denn je! Online mitreden unter: #9steps4future

#1 Ökosoziale Steuerreform & CO2-Steuer mit Umweltbonus realisieren!
Dürre, Hitze, Überschwemmungen – wir spüren die dramatischen Auswirkungen der Klimakrise mittlerweile vor der eigenen Haustüre. Wir sagen: Wer den Umwelt- bzw. Gesundheitsschaden verursacht, zahlt dafür. Die anstehende Steuerreform muss ökosozial gestaltet sein und durch schlüssige Anwendung des Verursacherprinzips das Gewicht der Steuerleistung strukturell in Richtung Besteuerung von Energie- und Ressourcenverbrauch verlagern. Zentrales Instrument dafür ist eine aufkommensneutrale Energie- und CO2-Steuer, die bei Einführung sehr gering bemessen sein kann, aber jährlich angehoben wird – und so eine Planbarkeit für alle Akteure mit sich bringt. Die Steuereinnahmen werden genutzt, um menschliche Arbeitskraft durch eine Senkung von Lohn- und Einkommenssteuer sowie Lohnnebenkosten zu entlasten.

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  © TierneyMJ/Shutterstock.com

 

#2 Umweltschädliche Subventionen und falsche Anreize abbauen! 
Die Zeit für staatliche Förderungen offenkundiger Klimasünden ist endgültig vorbei! Dass Flugverkehr und Dieseltreibstoff nach wie vor steuerlich begünstigt sind, ist klimapolitisch grob fahrlässig – insgesamt geht es dabei laut WIFO um 4,7 Milliarden Euro, die jährlich die Erderhitzung weiter befeuern. Umweltschädliche Subventionen dieser Art müssen endlich radikal abgebaut werden! Steuerliche Begünstigungen sollten hingegen für Klimaschutzmaßnahmen eingeführt werden, etwa für thermische Optimierung bei Sanierung oder Neubau. Wir brauchen endlich echte Verantwortung für unsere Kinder und Kindeskinder!

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  © Melanie Salzl

#3 Biodiversität sichern: verstummte Wiesen und Wälder zum Leben erwecken! 
Die dramatische Zerstörung der Artenvielfalt und der Ökosysteme hat – national wie global – ein Niveau erreicht, das unsere Lebensgrundlagen mindestens genauso stark bedroht wie die Klimakrise. Der Bericht des Weltbiodiversitätsrats zeigte vor kurzem: Von den weltweit ca. 8 Millionen Tier- und Pflanzenarten ist eine Million vom Aussterben bedroht, mehr als je zuvor in der Geschichte der Menschheit. Wir müssen JETZT handeln, um diese Bedrohung einzudämmen! Wir fordern daher die Schaffung eines Biodiversitäts-Soforthilfe-Fonds in der Höhe von 500 Millionen Euro für die Erhaltung und Verbesserung unserer heimischen Naturschätze. Die Gelder sollen u. a. für Flächensicherung, Schutzgebietsbetreuung, Artenschutz-Programme, Erweiterung von Nationalparks und Management der Natura-2000-Gebiete zum Einsatz kommen. Außerdem verlangen wir ein Bundesrahmennaturschutzgesetz nach Vorbild Deutschlands zur einheitlichen Umsetzung der EU-Naturschutz-Richtlinien und internationalen Konventionen sowie die Stärkung des Natur- und Artenschutzes im künftigen EU-Programm für die Ländliche Entwicklung. Mainstreaming von Biodiversität muss vorangetrieben werden, denn Naturschutz kann nur effizient wirken, wenn er auf breiter Ebene getragen und umgesetzt wird!

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  © Sepp Friedhuber

#4 Naturverträgliche Energiewende: Fokus auf Effizient und Verbrauchsreduktion
Die naturverträgliche Energiewende gelingt nur dann, wenn wir unseren Energieverbrauch massiv reduzieren – die künftige Regierung muss deshalb rasch ein wirksames Energiespargesetz beschließen, das durch ein Bewusstseinsbildungsprogramm gegen Energieverschwendung unterstützt wird. Darüber hinaus gehendes Ziel ist es, dass sich Österreich vollständig mit heimischer erneuerbarer Energie versorgen kann. Ein Fokus muss zudem auf Energieforschung und Innovation liegen.

 

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 © Diyana Dimitrova/Shutterstock.com

 

#5 Naturverträgliche Energiepotenziale nutzen: Sonnen-Initiative auf 1 Million Dächer
Die österreichische #mission2030 hat ein ehrgeiziges Ziel: 100 Prozent erneuerbarer Strom sollen bis 2030 durch die heimischen Stromnetze fließen. Photovoltaik (PV) weist als erneuerbare Energieform das allergrößte Potenzial auf, weil sie die wenigsten Konflikte mit Natur- und Landschaftsschutz verursacht und die größte soziale Akzeptanz hat. Zur Forcierung der PV braucht es entsprechend ausgestaltete Rahmenbedingungen und Maßnahmen. Wir fordern eine Sonnen-Initiative mit einer Million PV-Dächern: Photovoltaik muss in den Bauordnungen verpflichtend im Neubau vorgeschrieben werden. Neben dem Abbau rechtlicher Hürden bei Mehrparteienhäusern, Netzeinspeisung etc., braucht es eine massive Aufstockung der Förderungen für Photovoltaik in der Ökostromförderung sowie eine Photovoltaik-Offensive für bestehende Gebäude wie Industrie- und Gewerbehallen, Bahnhöfe, Parkplätze oder öffentliche Bauten.

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#6 Flüsse lebendig halten: Renaturierungsprogramm starten!
Die letzten unversehrten Flüsse und Bäche Österreichs sind durch Begradigungen, Regulierungen und Kraftwerksbauten bedroht. Mehr als 60 % unserer Fließgewässer sind mittlerweile sanierungsbedürftig. Die von der EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) vorgeschriebene Gewässersanierung stagniert jedoch. Die ursprünglich im Umweltförderungsgesetz (UFG) geplanten 150 Mio. Euro für Gewässerschutz im Zeitraum 2016–2021 wurden gestrichen – bis dato ersatzlos. Wir fordern daher 150 Mio. Euro für die Renaturierung unserer Bäche und Flüsse und die fristgerechte Umsetzung der WRRL! Erforderlich sind zudem die Effizienzsteigerung, Modernisierung und Ökologisierung bestehender Kleinwasserkraftwerke durch einen Systemwechsel bei der Ökostromförderung für die Wasserkraft. Unser Motto lautet hier: Modernisierung vorhandener Wasserkraftwerke statt Neubau!

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#7 Mobil und sauber in die Zukunft: Österreich-Ticket für Öffis schaffen!
Der Verkehr spielt eine Schlüsselrolle für den Klimaschutz und im Ausstieg aus den fossilen Energien. Seit 1990 sind die Treibhausgas-Emissionen in diesem Sektor um 60 % gestiegen – und der Trend hält weiter an! Eine Mobilitätswende ist daher das Gebot der Stunde: Wir fordern den Ausbau eines attraktiven öffentlichen Verkehrsnetzes als Rückgrat eines umweltverträglichen und sozial gerechten Verkehrssystems, die Verlagerung des Güterverkehrs auf die Schiene, den Ausbau der Sharing-Angebote und die Einführung eines attraktiven bundesweiten Österreich-Tickets für alle öffentlichen Verkehrsmittel (ÖBB, Verkehrsverbünde, Busse etc.)!

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#8 Agenda 2030: Für ein Leben in Wohlstand und Frieden!
Die Agenda 2030 samt den darin enthaltenen 17 Zielen für nachhaltige Entwicklung (SDGs) der Vereinten Nationen ist die ambitionierteste Bemühung, die Welt und das Leben aller zu verbessern, seit Menschen Politik machen. Sie bietet die Chance, die Transformation von Wirtschaft und Gesellschaft – den Wandel von einer Gegenwart mit Hunger, Ungleichheit, Ausbeutung von Mensch und Natur in eine gerechte und nachhaltige Zukunft zu schaffen und kommenden Generationen ein Leben in Wohlstand und Frieden zu bieten. In Österreich fehlt allerdings bis dato eine gesamtstaatliche, integrierte und strukturierte Vorgehensweise zur Umsetzung der Agenda 2030 und der SDGs. Wir fordern daher, dass die künftige österreichische Bundesregierung einen umfassenden und ambitionierten Umsetzungsplan erstellt und umgehend entsprechende Maßnahmen setzt.

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 © NASA

 #9 Zukunft gestalten: Transformative Bildung fördern!
Um sich den globalen Herausforderungen wie Klimawandel, Artensterben und Ressourcenknappheit zu stellen, braucht es BürgerInnen, die informierte Entscheidungen treffen und verantwortungsbewusst handeln können. Lebenslanges Lernen und hochwertige Bildung sind deshalb heute relevanter denn je. Da Umweltprobleme immer seltener als in sich geschlossene Herausforderungen verstanden werden können, gilt es im Bildungsbereich insbesondere den Blick für komplexe Zusammenhänge zu schärfen und vielfältige Kompetenzen zu vermitteln. Transformative Bildung begreift Bildung ganzheitlich und mit dem Ziel, Lernende jeden Alters zur Mitgestaltung einer gerechten, friedlichen Gesellschaft in einer intakten Umwelt zu befähigen. Ein wesentliches Instrument in diese Richtung ist das Bildungskonzept Bildung für nachhaltige Entwicklung (BNE). Wir fordern die Umsetzung einer umfassenden Bildungs- und Hochschulreform, die den globalen gesellschaftlichen, ökologischen und wirtschaftlichen Herausforderungen entspricht. Zentrale Lerninhalte der SDGs wie Klimawandel, Biodiversität, nachhaltiger Konsum und Produktion müssen in die Lehrpläne aller Schultypen aufgenommen werden.

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© Melanie Salzl