Umweltdachverband & Umweltanwaltschaften: Statt Entbürokratisierung droht Generalangriff auf Umweltstandards!

  • Verwaltungsreform zum UVP-G und zur GewO-Novelle bringen Senkung von Umwelt- und Qualitätsstandards sowie massive Entdemokratisierung
  • Abstandnahme von der Beschlussfassung im Ministerrat am 13.12. gefordert!

 Wien, 09.12.16 (UWD) Schlankere und raschere Umweltverfahren sind Ziele der Reform der UVP- und gewerbebehördlichen Betriebsanlagengenehmigungsverfahren, welche am 13. Dezember der Beschlussfassung im Ministerrat zugeführt werden soll. „Nimmt man die Gesetzesentwürfe allerdings genauer unter die Lupe, entpuppt sich die geplante Reform als Generalangriff auf die Umwelt. Statt einer Verwaltungsvereinfachung und Verfahrensbeschleunigung würden die angestrebten Änderungen eine einschneidende Herabsetzung der bewährten Qualitätsstandards der Umweltverfahren bringen, massiv in die Parteienrechte eingreifen und die Verfahren sogar langsamer machen – zu Lasten aller, auch der Unternehmen“, erklärt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.

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© Kerschhofer/Umweltdachverband

 

UVP-G-Novelle: Herausnahme aus Verwaltungsreformpaket dringend gefordert!

„Die UVP-G-Novelle zeichnet insgesamt ein Bild, wonach UVP-Verfahren zu Lasten der Verfahrensqualität, der Parteien und des Services für ProjektwerberInnen massiv geschwächt werden sollen: kleinerer Prüfungsumfang, Wegfall von Stellungnahmerechten für LandesumweltanwältInnen, Gemeinden und Umweltbundesamt im Vorverfahren, kürzere Maximalfristen für die Erteilung von Verbesserungsaufträgen, ‚Kaltstellung‘ der Gemeinden als UVP-Parteien und unnötige Verfahrenshürden für Umweltorganisationen,“ erklärt Barbara Weichsel-Goby, Projektleiterin Umweltrecht im Umweltdachverband. „Summa summarum ist der vorliegende Novellenvorschlag in der jetzigen Form nicht akzeptabel. Aufgrund des Anpassungsbedarfs an die EU-rechtlichen Vorgaben wird eine umfassende Änderung des UVP-Gesetzes im Jahr 2017 notwendig sein. Die jetzige Novelle setzt keinen einzigen der für die Herstellung der Europarechtskonformität nötigen Punkte um. Wir fordern Bundeskanzler Kern und Vizekanzler Mitterlehner und die zuständigen Ressortchefs – BM Rupprechter und BM Leichtfried – daher auf, das UVP-G aus dem Verwaltungsreformpaket herauszunehmen und bis Mai 2017 an einer sauberen, den europarechtlichen Vorgaben entsprechenden Lösung – unter entsprechender frühzeitiger Einbindung der betroffenen Stakeholder – zu arbeiten“, konstatiert Maier.

Geplante Reform des gewerbebehördlichen Betriebsanlagenverfahrens ist Rückschritt für die Umwelt

„Auch die GewO-Novelle würde nicht hinnehmbare Einschnitte für die Umwelt im Anlagenverfahren bringen: Die Entscheidung, ob eine Anlage im vereinfachten Verfahren geprüft wird, soll künftig getroffen werden, ohne vorher zwingend die fachliche Prüfung zur Gefährlichkeit (Unbedenklichkeitsprognose) der Anlage durchgeführt zu haben. Die Schwelle für vereinfachte Anlagengenehmigungsverfahren auf diese Art und Weise zu senken, ist umweltpolitisch nicht hinnehmbar“, bemerkt Weichsel-Goby.

„Auch die geplante Neuregelung der Verfahrenskonzentration ist ein massiver Anschlag auf die Interessen der Länder und Gemeinden. Geplant ist nämlich, dass durch die Gewerbebehörde im betriebsanlagenrechtlichen Genehmigungsverfahren u. a. die bautechnischen und naturschutzrechtlichen Bestimmungen mitangewendet werden sollen. Wohlgemerkt, es heißt nicht baurechtliche Bestimmungen! In den Erläuterungen wird als Vorbild auf das Abfallwirtschaftsgesetz (AWG) 2002 verwiesen – und dort muss eine Übereinstimmung der jeweiligen Vorhaben mit der festgelegten Flächenwidmung jedenfalls nicht vorliegen“, führt der NÖ Landesumweltanwalt Thomas Hansmann ergänzend aus. „Im Ergebnis würde das heißen, dass, wenn die Flächenwidmung und andere raumordnungsrechtliche Vorgaben im Gewerberechtsverfahren nicht maßgeblich sein sollten, sämtliche Bemühungen und Lenkungseffekte von Ländern und Gemeinden betreffend der Abstimmung von Nutzungen obsolet wären. Gewerbliche Betriebsanlagen könnten hinsichtlich der Standortwahl gänzlich unabhängig von raumplanerischen Vorgaben der Länder und Gemeinden errichtet werden, etwa im Grünland. Zusätzlich ist noch anzumerken, dass trotz der Mitanwendung von naturschutzrechtlichen Normen in dieser Verfassungsbestimmung keine Parteistellung der Umweltanwaltschaften aufscheint“, so Andrea Schnattinger, Wiener Umweltanwältin.

Der Umweltdachverband und die Umweltanwaltschaften stellen abschließend unisono fest:

„JA zu Bürokratieabbau, aber NEIN zu Placebos für die Unternehmen, die in Wahrheit zu Lasten der Umwelt gehen. Wir fordern daher, das UVP-Gesetz und auch die Gewerbeordnung am kommenden Dienstag im Ministerrat NICHT zu beschließen, sondern von Grund auf neu zu verhandeln!“

PK Unterlage
Stellungnahme UWD zum Entwurf des Verwaltungsreformgesetzes
Stellungnahme UWD zur geplanten Änderung der Gewerbeordnung
Stellungnahme der Landesumweltanwaltschaften zum Entwurf des Verwaltungsreformgesetzes
Stellungnahme der Landesumweltanwaltschaften zur geplanten Änderung der Gewerbeordnung
Ergänzende Stellungnahme der Landesumweltanwaltschaften zur geplanten Änderung der Gewerbeordnung