Nachlese Jahrestagung Deregulierung & Bessere Rechtsetzung

Die diesjährige Jahrestagung des Umweltdachverbandes fand am 14. Oktober 2016 unter dem Titel „Deregulierung & Bessere Rechtsetzung – Chance oder Gefahr für den Umweltschutz?“ im OK Linz statt und beendete gleichzeitig die Eventreihe „EU-Naturschutz auf dem Prüfstand“. Der Fitness-Check von FFH- und Vogelschutz-Richtlinie gab den inhaltlichen Impuls zur Thematisierung eines wachsenden politischen Trends – Bessere Rechtsetzung – sowie deren Wirkung auf europäische Umwelt- und Naturschutzgesetzgebung. Aus welchen Motiven hat sich Better Regulation entwickelt? Warum wurde sie in der EU-Kommission von Jean-Claude Juncker zum Schwerpunkt? Welche Umweltgesetzgebungen sind betroffen? Welche Rolle spielt das Thema der Entbürokratisierung im Umweltbereich in Österreich?

Diese und weitere Fragen wurden im Rahmen der Konferenz erörtert und diskutiert.

In seiner Begrüßung thematisierte UWD-Präsident Franz Maier das anstehende Deregulierungspaket bzw. Verwaltungsreformgesetz des BMLFUW, welches sich auf die Bundesmaterien im Umweltschutz bezieht (Luft, Forst, Wasser, Abfall, usw.). Er stellte klar: hohe und etablierte Standards im Umwelt- und Naturschutz dürfen nicht unter dem Deckmantel der Verwaltungsvereinfachung ausgehöhlt werden. Als weitere Negativbeispiele für Deregulierung auf nationaler Ebene nannte er die Einschränkung der Befugnisse des OÖ Umweltanwaltes oder den Abbau der Prüfkompetenzen des Naturschutzes beim Forststraßenbau. In puncto Fitness-Check der EU-Naturschutzrichtlinien appellierte Franz Maier an die EU-Kommission, die Schlussfolgerungen des Evaluierungsprozesses bekanntzugeben und die Schutzbemühungen auf der Fläche voranzutreiben.

Martin Donat, Umweltanwalt in Oberösterreich und zweiter Eröffnungsredner, nannte einerseits Beispiele für Deregulierung und thematisierte andererseits derzeit noch ungeregelte Graubereiche, wie etwa den Bereich Lärm oder jene Bereiche, die zwar geregelt sind, aber kaum Anwendung finden (SUP-Richtlinie). Die vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention inklusive Zugang zu Gerichten für NGOs sah Donat kritisch, die Umsetzung sei eine Frage der verfügbaren Ressourcen. In Sachen Natura 2000 forderte der Umweltanwalt ein, Ressourcenschonung zu fördern, EU-Mittel in Natura 2000-Gebiete zu konzentrieren, also das Förderregime umzudrehen, um die Gebiete beliebter zu machen.

Lieselotte Feldmann vom BMLFUW, Abteilung EU-Koordination Umwelt, eröffnete die Konferenz mit ihrem Vortrag „Der Wunsch der Europäischen Union nach Effizienz: Better Regulation in der Retrospektive“ und bot eine umfassende Einführung in das Thema Bessere Rechtsetzung. Sie beleuchtete das Thema aus europäischer Perspektive ab dem Jahr 2000 und zeigte auf, dass die Motive hinter Begriffen wie "Smart" oder "Better Regulation", "cutting red tape" oder "Lighten the Load über den Zeitverlauf ähnlich blieben. Der gesamte Vortrag ist hier zum Download verfügbar.

Im Anschluss referierte der Policy Director des European Environmental Bureau (Europäische Dachorganisation des Umweltdachverbands), Pieter de Pous, über die Schwerpunkte der Juncker Kommission auf die Überprüfung von EU-Umweltgesetzgebungen. Dabei nannte er Großbritannien und die USA als Herkunftsländer von Deregulierungsbestrebungen. De Pous zeichnete ein umfassendes Bild der umweltpolitischen Agenda der jetzigen EU-Kommission und gab auch einen Ausblick auf 2017. Die Präsentation steht hier zum Download zur Verfügung.

Auf diesen Überblick folgte eine konkretere Betrachtung der bisherigen Umsetzung von Fauna-Flora-Habitat- und Vogelschutz-Richtlinie in Österreich.

Diesen Part eröffnete der Natura 2000-Experte Wolfgang Suske mit einem Fazit zur Implementierungspraxis in Österreich. Als Problem nannte er die uneinheitliche Interpretation und Umsetzung der Richtlinien oder den unterschiedlich hohen Wissensstand von Sachverständigen sowie fehlende Daten, welche bei Unternehmen zu Mehrkosten führen können. Außerdem warf er einen Blick in die Vergangenheit und somit auf die Ursachen für das Nachnominierungsdesaster in Österreich. Den gesamten Vortrag finden Sie hier.

Schließlich fasste Christof Kuhn von BirdLife Österreich (Partner im Projekt gREen.watch) die Ergebnisse des Stakeholderworkshops, welcher am 1. Juni im Rahmen des Projekts stattgefunden hat, zusammen. Die stark praxisorientierten Forderungen für eine verbesserte Umsetzung in den Bereichen Gebietsbetreuung, Managementplanung, Finanzierung  und Kommunikation legten dar, welche vielfältigen Aufgaben und damit Herausforderungen in der praktischen Implementierung der EU-Naturschutzrichtlinien liegen. Die Informationen sind im hier verfügbaren Vortrag zusammengefasst nachzulesen.

Abschließend fand eine Podiumsdiskussion mit dem Titel „Spielräume für Better Regulation im Umwelt & Naturschutz in Österreich“ statt, an der folgende VertreterInnen der Bereiche Wirtschaft, Naturschutz, Wissenschaft und Umweltorganisationen teilnahmen: Liliana Dagostin (Abteilung Naturschutz, ÖAV, Vizepräsidentin UWD), Stefanie Fasching (JKU Linz), Anton Reinl (GS-Stv. LKÖ), Johann Punz (WKOÖ) sowie Franz Maier (Präsident UWD) stellten sich den Fragen des Moderators Markus Staudinger (OÖ Nachrichten).

Blitzlichter aus der Diskussion können Sie hier nachlesen.

Alle Fotos: © Otto Saxinger