Lichtverschmutzung: Nicht nur verborgene Sterne (2023 - 2024)

Lichtverschmutzung bezeichnet die Aufhellung des Nachthimmels durch künstlich erzeugte Lichtquellen. Die enorme Menge an künstlichem Licht, die die öffentliche Beleuchtung in Siedlungen, Großstädten und Industrieanlagen weltweit produziert, führt dazu, dass viele von uns die volle Pracht des Sternenhimmels nicht mehr sehen können und die Milchstraße zum kaum mehr wahrgenommenen Naturphänomen wird.

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Satellitenbilder des Nachthimmels über dem Mittelmeerraum zeigen eindrucksvoll, wie lichtverschmutzt Großstädte sind. ©NASA

Doch nicht nur Astronom:innen und Sternenbeobachter:innen leiden unter dem Verblassen des Nachthimmels. Die UNESCO hat sich bereits 2007 für ein „Recht auf Sternlicht“ ausgesprochen - mit gutem Grund: Neben dem Natur- und Sinneserlebnis ist die Naturnacht ein wichtiger Baustein für den Erhalt der Ökosysteme und Biodiversität. Die Folgen von Lichtverschmutzung sind vielfältig und betreffen Mensch, Tier, Pflanzen und Ökosysteme in unterschiedlichen Ausprägungen.

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Lichtverschmutzung im Nationalpark Gesäuse © Andreas Hollinger 

Die Auswirkungen auf Ökosysteme: Beispiele aus der Tier- und Pflanzenwelt

An den Wechsel zwischen Tag und Nacht sowie an jahreszeitliche Änderungen der Tageslänge haben sich Lebewesen im Laufe der Evolutionsgeschichte angepasst. Die künstliche Beleuchtung der Nacht begann jedoch erst Ende des 19. Jahrhunderts und hat sich innerhalb von kurzer Zeit auf weite Teile der Landschaften ausgebreitet. An diese veränderten Lebensbedingungen können sich viele Organismen nicht anpassen.

Mit dem Verlust der dunklen Nacht sind negative Auswirkungen auf Fortpflanzung, Entwicklung und Nahrungssuche beobachtet worden. Dass auch Ökosysteme als Ganzes betroffen sind, erkennt man an Verschiebungen in der Artenzusammensetzung und dem Verlust von lokalen Populationen. Nachtaktive Tiere, das sind rund 30 % aller Wirbeltiere und mehr als 60 % der Wirbellosen, sind besonders betroffen.

Beispiele für Änderungen im Verhalten von Tier- und Pflanzengruppen:

 

Verhaltensänderung Betroffene Lebewesen                  Beispiel
Nahrungssuche Zooplankton und Algen Ein anschauliches Beispiel liefert der Einfluss des Lichts auf Zooplankton, welches sich im Schutze der Dunkelheit von tieferen Wasserschichten an die Oberfläche bewegt. Bereits schwache Lichtquellen reichen aus, um das Zooplankton daran zu hindern, die Algen an der Oberfläche zu fressen. Die übermäßige Algenblüte kann zum Kippen des Gewässers führen.
Orientierung Zugvögel Um Energie zu sparen, wandern Zugvögel nachts, wenn es weniger Luftturbulenzen gibt. Doch die Lichtkegel von Hochhäusern wirken stark anziehend, mit teilweise tödlich endenden Kollisionen. Über 90 % der Vögel zeigten beim Überfliegen Verhaltensauffälligkeiten, wie z. B. Kreisflug oder Richtungsänderung. Exponierte und hoch gelegene Standorte wie beleuchtete Burgen, Berghütten und Skipisten können zu Vogelfallen werden, denn am Alpenrand, in Tälern und an Gebirgsübergängen befinden sich wichtige Routen von Zugvögeln.
Fortpflanzung Glühwürmchen Weibliche Glühwürmchen beginnen erst bei anbrechender Dunkelheit zu leuchten. Wenn künstliche Lichtquellen die Dunkelheit verhindern oder verzögen, werden Partnersuche und Fortpflanzungserfolg erheblich gestört.
Resistenz Bäume und Pflanzen Die natürliche Tageslänge (= Photoperiode) bestimmt Wachstum und Entwicklung von Pflanzen. Werden Laubbäume von Kunstlicht angestrahlt, werfen die betroffenen Zweige ihr Laub später ab. Dies erhöht die Anfälligkeit für Krankheiten und Frostschäden.
Tierwanderung Frosch- und Krötenarten; migrierende Fischarten Ein Großteil der Frosch- und Krötenarten ist nachtaktiv und besitzt einen scharfen Sehsinn für den Beutefang bei sehr wenig Licht. Die Tiere reagieren empfindlich auf Straßenbeleuchtung und sind für ihre Massenwanderungen zu den Laichgewässern auf dunkle Korridore angewiesen. Wanderfischarten wurden dabei beobachtet, wie sie an aluminierten Flussabschnitten stehenblieben und ihre Wanderungen unterbrochen haben. Der Fortpflanzungserfolg der Fische, Kröten und Frösche ist damit vermindert.
Räuber – Beute Beziehungen Fledermäuse Ein Teil der Fledermausarten (z. B. Großer Abendsegler) reagiert positiv auf Straßenlaternen und nutzt die beleuchteten Orte zur Nahrungssuche. Andere Fledermausarten (z. B. Kleine Hufeisennase) meiden Orte mit künstlicher Beleuchtung. Der durch Lichtverschmutzung bedingte Konkurrenzdruck beeinflusst die Artenzusammensetzung und verändert Fledermausgemeinschaften.
Bestäubung Nachtfalterpflanzen und deren nachtaktive Bestäuber (z.B. Nachtfalter) Viele Pflanzenfamilien, wie Orchideen- und Nelkengewächse, sind auf die Bestäubung durch nachtaktive Insekten angewiesen. Künstliche Lichtquellen locken die Insekten an und verhindern so die Bestäubung der Blüten. Es werden weniger Früchte und Samen ausgebildet, gleichzeitig spielt Kunstlicht eine Rolle für den massiven Rückgang an Nachtfaltern.

 

Auswirkungen auf den Menschen

Auch der Mensch hat eine biologische Uhr, die durch den Tag-Nacht-Rhythmus gesteuert wird.

Das Licht von Straßenlaternen, Gebäudebeleuchtungen und Leuchtreklame erhellt aufgrund von mangelnder Abschirmung auch die Wohn- und Schlafräume der Anrainer:innen. Das Schlafhormon Melatonin wird vermindert ausgeschüttet, die Folgen sind Stress und Schlafstörungen. Lichtverschmutzung ist somit nicht nur ein wesentliches Naturschutz-, sondern auch ein Gesundheitsthema.

Was können wir gegen Lichtverschmutzung tun?

  • Licht dorthin lenken, wo es wirklich benötigt wird, also von oben nach unten strahlen
  • Licht nur dann einschalten, wenn es wirklich gebraucht wird
  • Umstellung auf LED mit Farbtemperatur von max. 3.000 Kelvin (städtisch)/ 2.400 Kelvin (Naturraum)

Gleichzeitig gilt es, Regionen und Gegenden, in denen Lichtverschmutzung bis dato noch eine geringe Rolle spielt, künftig zu schützen. Hierzu ist der Umweltdachverband mit seinem Projekt „Naturnachtgebiet“ aktuell tätig.

Sternenhimmel Sebastian Voltmer

Ungetrübter Blick auf den Sternenhimmel.©Sebastian Voltmer

 

Projektinfos kompakt


Projektlaufzeit: 01.01.2023- 31.12.2024

Projektträger: Natur- und UNESCO Global Geopark Steirische Eisenwurzen

 

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Ihre Projektleitung:

Wieczor, Jan

Jan Wieczor Bacc.

Projektleitung

Biodiversität, Ländliche Entwicklung und Naturschutz

Derzeit in Bildungskarenz

E-Mail
+43 1 401 13 83