Umweltdachverband zum Ausweisungsvorschlag für das Natura 2000-Gebiet Isel: Nicht ohne ihre Zubringer!

  • UWD weist EU-Kommission auf offenbar bewusste Herausnahme wertvoller Flussabschnitte aus Natura 2000 aufgrund geplanter Wasserkraftanlagen hin
  • UWD an Land Tirol: Isel-Zubringer Tauernbach, Kalserbach und Schwarzach müssen in Schutzgebietskulisse einbezogen werden

 Wien 29.07.16 (UWD) Der Umweltdachverband bringt sich u. a. gemeinsam mit dem Kuratorium Wald, dem Landschaftsschutzverein Osttirol und dem Alpenverein seit vielen Jahren fachlich in die Diskussion einer Natura 2000-Gebietsnominierung der Isel ein – mit Erfolg, denn die Nominierung dieses letzten frei fließenden, ökologisch funktionsfähigen Gletscherflusses der Ost-Alpen ist mittlerweile fix. Allerdings enthält der Ausweisungsvorschlag eklatante Lücken: „Der aktuelle Ausweisungsvorschlag des Landes Tirol nimmt justament Teile jener Fließgewässer vom Natura 2000-Schutz aus, an denen Wasserkraftanlagen geplant sind“, sagt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes. „Wir haben die Situation eingehend analysiert und diesen Missstand in einer offiziellen Stellungnahme der Kommission gemeldet.“ Konkret betroffen sind der Tauernbach, der überhaupt nicht, sowie Kalserbach und Schwarzach, die nur mit sehr kurzen Abschnitten Teil des zukünftigen Schutzgebiets werden sollen. Doch auch diese Teile der Isel-Zubringer beherbergen Kernhabitate der Ufer-Tamariske, Myricaria germanica, und müssen daher ebenfalls nominiert werden. Denn der Erhaltungszustand dieses FFH-Lebensraumtyps wird im aktuellen Artikel 17-Bericht als „ungünstig-schlecht“ eingestuft. Die Bestände der Ufer-Tamariske und ihres entsprechenden FFH-Lebensraumtyps 3230 im Gletscherflusssystem der Isel und ihrer Zubringer stellen zusammen mit den Vorkommen an Lech und Tagliamento die zentralen Elemente eines kohärenten Natura 2000-Schutzgebietsystems in Bezug auf alpine Flüsse in den Ostalpen dar. „Österreich ist dazu verpflichtet, seinen Beitrag zu einem zusammenhängenden Schutzgebietsnetzwerk zu leisten und Maßnahmen zu ergreifen, um einen günstigen Erhaltungszustand wiederherzustellen – was jegliche Wasserkraftplanungen im betroffenen Gebiet ausschließt“, betont Maier.

Aktuelle Schutzgebietsgrenzenkonterkarieren Vorgaben und Ziele der FFH-Richtlinie

Mehrere Studien belegen, dass eine weitergehende Isolierung von Tamarisken-Vorkommen durch bauliche Eingriffe, welche zu einer Reduktion der Samenausbreitung beitragen, zu einer Gefährdung ihres Metapopulationscharakters führen würde. Die Folge sei, dass nach Störungen erloschene Vorkommen durch natürliche Prozesse nicht wieder ersetzt werden können. Diesen Studien zufolge seien alle Vorkommen von Myricaria an der Osttiroler Isel und ihren nördlichen und westlichen Zubringern als funktionelle Einheit und Verbundsystem anzusehen. Die vom Land Tirol für das Natura 2000-Schutzgebietsnetzwerk vorgelegte Gebietskulisse mit einer Fragmentierung und räumlichen Eingrenzung der Schutzgüter widerspricht diesem Ansatz und einer erforderlichen ganzheitlichen Sichtweise. Um die wertvollen Lebensräume der Ufer-Tamariske zu sichern, muss das gesamte Flussökosystem in seiner ursprünglichen Charakteristik bewahrt werden. Insbesondere müssen dabei die natürliche und ursprüngliche Flussdynamik der Isel und ihrer Zubringer und der unverkennbare Wildfluss- bzw. Wildbachcharakter bewahrt werden. Nur so kann es gelingen, die Lebensräume der Ufer-Tamariske sowie wichtiger Tierarten, wie der Koppe, zu erhalten und die Bestände im gesamten Flussgebietssystem bzw. Schutzgebiet zu sichern. „Wir sagen daher klar NEIN zu einem Ausweisungsvorschlag, der ein Stückwerk ist, der Realität und allen fachlichen Grundsätzen widerspricht und bloß unwirtschaftlichen Kraftwerksprojekten Tür und Tor öffnen will. Mit seiner Stellungnahme an die EU-Kommission fordert der Umweltdachverband vom Land Tirol, sich endlich uneingeschränkt zu seinen Natura 2000-Verpflichtungen zu bekennen und mit einer kohärenten Ausweisung den Ansprüchen an ein funktionierendes Schutzgebietsnetzwerk gerecht zu werden. Die Vorgehensweise, ökologisch widersinnige Kraftwerksprojekte vor EU-Recht zu stellen, erscheint zutiefst anachronistisch und ist im Sinne eines zukunftsfähigen Naturschutzes und einer modernen Energieraumplanung entschieden abzulehnen“, so Maier abschließend.

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