MMag.a Stefanie Schabhüttl
TeamleitungEnergie & Ressourcen (Wasser),
Stabstelle Interessenvertretung & Mitgliederbetreuung
derzeit in Bildungskarenz
01/401 13-35
Aktuell bestehen landesweit bereits mehr als 5.000 Wasserkraftwerke. Damit sind über 70 % des technisch-wirtschaftlichen Wasserkraft-Potenzials an Österreichs Fließgewässern bereits ausgebaut. Nach wie vor deckt die Wasserkraft jedoch nur rund 1/10 der Energieversorgung (Brutto-Endenergieverbrauch für Strom, Wärme und Mobilität) ab. Das heißt, dass beim aktuell immer noch steigenden Energieverbrauch auch ein weiterer Ausbau der Wasserkraft nicht wesentlich zur Stillung unseres Energiehungers beitragen kann. Gleichzeitig befinden sich derzeit lediglich 37 % der Fließgewässer mit einem Einzugsgebiet >10 km2 in einem guten oder sehr guten ökologischen Zustand – zu einem großen Teil verantwortlich dafür sind Wasserkraftwerke, die teils massive Eingriffe in Gewässerökosysteme darstellen.
Vor diesem Hintergrund beobachtet der Umweltdachverband die Entwicklung der österreichischen Wasserkraftwerkslandschaft mit besonderem Fokus auf jene Kraftwerksplanungen, die in sensiblen Gebieten wie Natura 2000-Gebieten lokalisiert sind oder an Gewässerstrecken liegen, an welchen nach EU-Wasserrahmenrichtlinie Maßnahmen zur Verbesserung des ökologischen Zustandes erforderlich sind.
Erschreckende Bilanz: Immer mehr Kraftwerksplanungen drängen in geschützte oder schützenswerte Gebiete!
Recherchiert wurden (1) Kraftwerke, die sich derzeit noch in einem Planungs(vor)stadium befinden, (2) eingereichte und (3) bereits bewilligte Projekte, (4) in Bau befindliche Vorhaben sowie (5) Kraftwerke, die innerhalb der letzten drei Jahre ans Netz gegangen sind. Bis zum tatsächlichen Baubeginn werden die Projekte als „Planungen“ betrachtet (Kategorien (1) bis (3)). Kraftwerksanlagen, die bereits länger als drei Jahre in Betrieb sind, werden aus Gründen der Aktualität und Übersichtlichkeit nicht berücksichtigt. Folgende Aufstellung gewährt einen Überblick über die aktuellen Kraftwerksplanungen sowie jene Kraftwerke, die sich derzeit bereits in der Bauphase befinden oder innerhalb der letzten Jahre bereits ans Netz gegangen sind.
2017 werden 211 Wasserkraftwerke als in Planung befindlich erhoben, das heißt sie sind entweder nur ein Vorhaben oder bereits bei der Behörde eingereicht bzw. bewilligt, jedoch noch nicht in Bau. Zusätzlich zu diesen geplanten Wasserkraftwerken sind 148 derzeit in Bau oder seit kurzem in Betrieb, was eine Gesamtzahl von 359 (geplanten und bereits realisierten) Wasserkraftprojekten ergibt. Diese Zahl stieg seit 2010 jährlich um ca. 7,5%.
Im Bundesländervergleich sind Steiermark, Kärnten und Tirol Spitzenreiter mit 81, 80 und 73 Kraftwerken, gefolgt von Oberösterreich (44), Vorarlberg (36), Salzburg (30), und Niederösterreich (15).
Bei 58 (16 %) der 359 erhobenen Kraftwerke, handelt es sich um Ausbauten an bestehenden Kraftwerksstandorten, 301 (84 %) sind Neubauten.
Anmerkung: 53 der 359 Projekte (ca. 15 %) befinden sich sowohl an Gewässerstrecken in sehr gutem oder gutem ökologischen Zustand als auch in einem Schutzgebiet und fallen daher in beide Kategorien.
Als „sehr kritische“ Standorte gelten Standorte mit hohem Schutzstatus: Schutzgebiete jeglicher Art (Nationalparks, Natura 2000-Gebiete und Naturdenkmäler, Landschaftsschutzgebiete, Biosphärenparks etc.) sowie Gewässerstrecken im (sehr) guten ökologischen Zustand nach EU-Wasserrahmenrichtlinie.
Die Kategorie „kritisch“ umfasst Standorte, an welchen seit 2009 Maßnahmen im Zuge des 1. und 2. Nationalen Gewässerbewirtschaftungsplans (NGP) durchgeführt wurden bzw. werden, sowie sonstige Schutzgebiete und Gewässerstrecken im mäßigen ökologischen Zustand, weil hier das Potential zur ökologischen Aufwertung hoch ist.
Anmerkung: 37 der 211 Kraftwerke in Planung (17 %) konnten aufgrund mangelnder Datenlage nicht bewertet werden, da der ökologische Gewässerzustand nicht ausgewiesen ist bzw. keine eindeutige Verortung möglich ist.
Fazit:
76 der 359 erhobenen Kraftwerke (21 %) stellen Kraftwerksplanungen in Schutzgebieten bzw. direkt an ein Schutzgebiet angrenzend dar. 102 (28 %) der 359 erhobenen Kraftwerke in Planung und befinden sich an Gewässerstrecken in sehr gutem oder gutem ökologischen Zustand. Teilweise überschneiden sich diese Gebiete.
Somit betreffen insgesamt knapp drei Viertel der Kraftwerksplanungen 2017 sehr kritische bzw. kritische Gebiete, nur 10 % der Kraftwerksplanungen betreffen Gebiete, die weder als „sehr kritisch“ noch als „kritisch“ eingestuft wurden.
Anmerkung:
Die Recherchen zur österreichischen Wasserkraftwerkslandschaft sollen den Trend der Kraftwerksplanungen und -realisierungen in Österreich aufzeigen. Es wird kein Anspruch auf Vollständigkeit erhoben. Zur Bewilligungspraxis der Behörden (z. B. welcher Anteil an geplanten oder eingereichten Kraftwerken tatsächlich bewilligt wird) werden keine Aussagen getroffen.
Quellen:
Zur Recherche wurde insbesondere auf folgende Quellen zurückgegriffen:
Unterlagen:
Vollständige Liste aktueller Wasserkraftwerksplanungen, Stand Juni 2017
Die Erstellung dieser Auflistung aktueller Wasserkraftwerksplanungen trägt dazu bei, das 6. SDG umzusetzen.
In Ziel 6 der SDGs geht es um sauberes Wasser und Sanitäreinrichtungen und darum, Verfügbarkeit und nachhaltiges Management von Wasser und sanitären Einrichtungen sowie Abwassersystemen zu sichern.
Durch das regelmäßige Update der Wasserkraftwerksliste zeigt der Umweltdachverband die Entwicklungen im Bereich des Wasserkraftausbaus in Österreichs auf und schafft eine Datenbasis für die Kommunikation nach außen.
Ihre Projektleitung:
Energie & Ressourcen (Wasser),
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