Aarhus-Beteiligungsgesetz: Öffentlichkeitsbeteiligung an Umweltverfahren darf nicht beschnitten werden!
- Umweltausschuss debattiert morgen, 4. Oktober 2018, den Entwurf für ein Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018, das Rechtsschutznachbesserungen in den Bereichen Abfall, Luft und Wasser verspricht
- Vollständige Umsetzung der Aarhus-Konvention wird durch Nachbesserungen nicht erfüllt
- Völkerrechtliches Aarhus-Beschwerdeverfahren gegen Österreich bleibt bestehen – weitergehende Maßnahmen dringend nötig
Bereits 2005 hat Österreich die Aarhus-Konvention ratifiziert, die den Mitgliedern der Öffentlichkeit im Umweltbereich das Recht auf Zugang zu Umweltinformationen und Gerichten sowie auf Beteiligung an umweltbezogenen Entscheidungsverfahren einräumt. Die völkerrechtliche und unionsrechtliche Verpflichtung zur Umsetzung der Aarhus-Konvention wurde bislang jedoch nur in Teilbereichen erfüllt – und zog bereits entsprechende rechtliche Konsequenzen nach sich: Zwei Beschwerdeverfahren vor dem Aarhus Convention Compliance Committee (ACCC) und ein EU-Aarhus-Vertragsverletzungsverfahren. Im Mittelpunkt der Kritik steht dabei die rechtswidrige Beschränkung des Rechtsschutzes in Österreich auf Umweltverträglichkeitsprüfungsverfahren, IPPC-Verfahren und Umwelthaftungsverfahren.
Entwurf für ein Aarhus-Beteiligungsgesetz greift zu kurz
„Artikel 9 Absatz 3 der Aarhus-Konvention verlangt, dass die betroffene Öffentlichkeit grundsätzlich alle Verstöße gegen innerstaatliches Umweltrecht anfechten kann. Der Entwurf für ein Aarhus-Beteiligungsgesetz 2018, den wir generell sehr begrüßen, soll endlich weitere Rechtsschutznachbesserungen bringen. Leider tut sich bei genauem Blick ein großes „Aber“ auf: Das Gesetzesvorhaben soll offenbar in erster Linie ‚nur‘ dazu dienen, eine Einstellung des EU-Aarhus-Vertragsverletzungsverfahrens herbeizuführen. Entsprechend konzentriert er sich daher ‚nur‘ auf die Bundes-Umweltmaterien Abfall, Luft und Wasser. Das mag hinsichtlich dieses laufenden EU-Verfahrens eine erfolgreiche Strategie sein und bedeutet eine deutliche Verbesserung zur derzeitigen Lage, bringt uns aber in den völkerrechtlichen Beschwerdeverfahren nicht viel weiter und lässt für die Öffentlichkeit nach wie vor große Rechtsschutzlücken bestehen“, so Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes. „Denn der Anwendungsbereich des Aarhus-Beteiligungsgesetzes greift viel zu kurz: Es gilt nur für wenige ausgewählte Umweltverfahren; Rechtsschutz bekommt man nur für den Fall, dass es um europarechtliche Bestimmungen geht; außerdem kann man Rechtsschutz außerhalb des Immissionsschutzgesetzes-Luft nur bei Bescheiden beanspruchen, was den nicht unbedeutenden Bereich der Unterlassungen und Verordnungen weiterhin vom Rechtsschutzzugang ausklammert.“
Vollständige Aarhus-Umsetzung gefordert
„Diese in zähen Etappen stattfindende Umsetzung von Aarhus hat einen doppelten Nachteil: Fehlende Rechtssicherheit in den noch nicht aarhus-konform ausgestalteten Umweltrechtsbereichen und eine je Materie höchst unterschiedliche Umsetzung, die sich unnötig verkomplizierend auf den Vollzug auswirkt. Dass man außerdem nicht auf die bewährte Parteistellung setzen will, sondern sich stattdessen mit nachträglichen Beschwerderechten oder einer ‚Beteiligtenstellung plus‘ behelfen möchte, trägt das Übrige zur Verkomplizierung bei. Im Interesse unserer partizipativen Demokratie – und auch im Interesse unseres Wirtschaftsstandortes – appelliere ich daher an den Nationalrat, für eine vollständige Umsetzung einzutreten“, so Maier.
Eine kompakte Übersicht über die Erfordernisse an eine völkerrechtlich und unionsrechtlich konforme Aarhus-Umsetzung liefert die „Aarhus-Ergänzungsstudie 2018“ des Umweltdachverbandes, die aktuell erschienen ist und hier online abgerufen werden kann.