Natura 2000: Umweltdachverband begrüßt Abschluss des EU-Vertragsverletzungsverfahrens – weitere Schritte nötig
- 2013 eingeleitetes EU-Vertragsverletzungsverfahren wird beendet
- 134 neue Schutzgebiete wurden seit Verfahrensbeginn nachnominiert
- UWD fordert Einrichtung einer nationalen Koordinationsstelle für Natura 2000
Wien, 26.07.19 (UWD) Am 30. Mai 2013 leitete die EU-Kommission ein Vertragsverletzungsverfahren gegen die Republik Österreich aufgrund des unvollständigen österreichischen Natura-2000-Netzwerks ein. Im Vorfeld dieser Entscheidungen hatte der Umweltdachverband der EU-Kommission eine, gemeinsam mit ExpertInnen erstellte, Schattenliste mit nachnominierungswürdigen Gebieten übermittelt. Rund sechs Jahre später wird das Verfahren nun abgeschlossen. Viele Bundesländer haben den Nachnominierungsprozess vorangetrieben, um ihren Beitrag zur Auflösung des Verfahrens zu leisten: 134 weitere Gebiete wurden bundesweit seit Beginn des Vertragsverletzungsverfahrens gemeldet, die Zahl der Natura-2000-Gebiete stieg damit auf österreichweit 350 an. „Natura 2000 ist ein einzigartiges Instrument, das den Schutz der Natur und Artenvielfalt sicherstellt. Auch wenn die Umsetzung in der Praxis immer wieder an ihre Grenzen stößt und komplexe Diskussionen auslöst, bleibt die unverzichtbare Leistung von Natura 2000 für den Erhalt von Arten und Lebensräumen unumstritten. Wir begrüßen, dass das mehrjährige EU-Vertragsverletzungsverfahren nun abgeschlossen wird und haben uns in einem Schreiben vom 16. Mai dafür auch explizit ausgesprochen. Nicht zuletzt werden dadurch auch Strafzahlungen hintangehalten“, sagt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
Ausweisungsprozess mit Stolpersteinen
Der sechsjährige Nachnominierungsprozess verlief nicht reibungslos. Der Umweltdachverband kritisiert eine fehlende Einbindung der NGOs seitens der Europäischen Kommission und mangelnde Transparenz hinsichtlich der verwendeten Fachgrundlagen. „Für uns ist beispielsweise nicht nachvollziehbar, warum die ursprünglich von der EU-Kommission geforderte Gebietsausweisung für den Piz Val Gronda nicht erfolgt ist, obwohl die Schutzgutvorkommen von ,Alpinen Pionierformationen des Caricion bicoloris-atrofuscae‘ in diesem Gebiet sogar in einem Bericht der Tiroler Landesregierung/Abteilung Umweltschutz als ,hervorragend‘ bewertet wurden“, sagt Maier.
Mehr Finanzierungsspielraum für langfristigen Erhalt der Schutzgüter
Nach Abschluss des Verfahrens muss der Fokus auf Erhaltung, Verbesserung, Entwicklung und Betreuung der ausgewiesenen Gebiete gerichtet werden. „Natura 2000 ist das Instrument, das den Verlust der biologischen Vielfalt über unsere Landesgrenzen hinaus durch zielgerichtete Unterschutzstellungen und Managementmaßnahmen in Zusammenarbeit mit den BewirtschafterInnen eindämmen kann. Der Erfolg dieser Maßnahmen misst sich allerdings an den dafür eingesetzten Mitteln. Der Finanzierungsspielraum im Österreichischen Programm für eine umweltgerechte Landwirtschaft (ÖPUL) muss erweitert werden, um BewirtschafterInnen von Natura-2000-Flächen bessere Anreize bieten zu können. Um die sachgerechte Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen zu gewährleisten, ist zudem eine konstruktive Zusammenarbeit der verschiedenen im Naturschutz tätigen Institutionen und Organisationen extrem wichtig. Für eine langfristig gute und österreichweit einheitliche Umsetzung sind die Schaffung eines Bundesrahmennaturschutzgesetzes und in einem ersten Schritt die Errichtung einer nationalen Koordinationsstelle für Natura 2000 geboten“, so Maier. Weitere konkrete Lösungen für Herausforderungen in den Bereichen Finanzierung, Management, Kommunikation, Rahmenbedingungen und Ausweisungen bietet die kürzlich vom Umweltdachverband veröffentlichte Publikation „Natura 2000 – Zurück in die Zukunft“.
Natura 2000 – Erhalt der biologischen Vielfalt als gemeinsame Aufgabe
Von den Lafnitzauen und dem Zirbitzkogel über die Wachau und die Fronwiesen bis zum Dachstein und zum Sablatnig Moor: In Österreich gibt es aktuell 350 Natura-2000-Gebiete, die sich über 15,3 % der Landesfläche erstrecken. Natura 2000 ist ein EU-weites Netzwerk an Schutzgebieten, das wildlebende Tier- und Pflanzenarten und wertvolle Lebensräume auf Dauer erhalten soll. Grundlage dafür sind zwei EU-Naturschutzrichtlinien, die Fauna-Flora-Habitat (FFH)- und die Vogelschutz-Richtlinie. Natura 2000 zielt ganz bewusst auf den Schutz bestimmter Schutzgüter ab und nicht auf den grundsätzlichen Schutz von Gebieten. Damit sind menschliche Eingriffe in Gebiete auch weiterhin erlaubt, sofern diese den Erhaltungszustand des jeweiligen Schutzgutes nicht erheblich beeinträchtigen. Natura 2000 birgt damit großes Potenzial, das Miteinander von Mensch und Natur zu stärken. Der Umweltdachverband setzt sich seit langem für die Umsetzung der EU-Naturschutzrichtlinien und die Vervollständigung des Gebietsnetzwerks ein.