Umweltdachverband: 20 Jahre nach 1. Natura 2000- Nominierungsfrist – höchste Zeit für einen guten Abschluss!

  • Frist für die Annahme der Gemeinschaftsliste jährt sich am 10. Juni zum 20. (!) Mal
  • Modernes Schutzinstrument, aber immer noch Mängel in der Umsetzung

 Wien 09.06.2018 (UWD) Von den Lafnitzauen und dem Zirbitzkogel über die Wachau und die Fronwiesen bis zum Dachstein und zum Sablatnig Moor: In Österreich gibt es über 300 Natura 2000-Gebiete, die in den meisten Bundesländern auch Europaschutzgebiete genannt werden. Das europäische Schutzgebietsnetzwerk Natura 2000 soll unsere wildlebenden Tier- und Pflanzenarten und wertvollen Lebensräume auf Dauer erhalten. Grundlage dafür sind zwei EU-Naturschutzrichtlinien, die Fauna-Flora-Habitat (FFH)- und die Vogelschutz-Richtlinie. „Natura 2000 ist eines unserer wichtigsten modernen Naturschutzinstrumente, das für den Erhalt der biologischen Vielfalt in unserem Land und über die Landesgrenzen hinaus essenziell ist und großes Potenzial birgt, das Miteinander von Mensch und Natur zu stärken. Mit dem EU-Beitritt hat sich die Republik Österreich verpflichtet, die europäischen Naturschutzrichtlinien umzusetzen und entsprechend Gebiete zu deklarieren. Die Frist für Nominierungen von Gebieten für das Natura 2000-Netzwerk jährt sich am heurigen 10. Juni bereits zum 20. Mal. Doch das Netzwerk ist nach wie vor lückenhaft. Höchste Zeit also, die Ausweisungsphase auch in Österreich zu einem guten Ende zu bringen. Denn davon profitieren wir alle – allein der ökonomische Wert der von den Natura 2000-Schutzgebieten kostenlos erbrachten Ökosystem-Dienstleistungen wird auf europaweit 200 bis 300 Milliarden Euro jährlich geschätzt“, sagt Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.

93 neue FFH-Gebiete seit 2013

Fest steht, dass in Sachen Natura 2000 zwar noch immer Aufholbedarf besteht, aber gerade in den vergangenen Jahren im Zuge des Vertragsverletzungsverfahrens gegen die Republik Österreich, das 2013 wegen des unvollständigen Natura 2000-Gebietsnetzwerks von der Europäischen Kommission eingeleitet wurde, auch einiges an Dynamik in den Prozess gekommen ist. Seit 2013 wurde das österreichische Natura 2000-Netzwerk um zahlreiche Natura 2000-Gebiete ergänzt: 93 Gebiete mit einer Fläche von insgesamt knapp 14.600 Hektar wurden nach der FFH-Richtlinie seither neu gemeldet. In einigen Bundesländern erfolgten auch Erweiterungen und Aktualisierungen bisheriger Gebietsmeldungen. Die Gesamtfläche der Natura 2000-Gebiete (FFH- und Vogelschutzgebiete) in Österreich beträgt damit derzeit rund 151/2 Prozent der Landesfläche, liegt damit aber nach wie vor unter dem EU-Schnitt von ca. 18 Prozent.

Unter den neuen Gebieten sind großflächige Gebiete wie der Vorarlberger Ifen, das untere Traun- und Almtal in Oberösterreich oder die Koralpe in der Steiermark. Auch kleinere Juwele wie der Schlosspark Krastowitz in Kärnten oder das Althofener Moos in Salzburg ergänzen die Gebietskulisse.

Mit Stand Ende 2017 ist das heimische Natura 2000-Schutzgebietsnetzwerk nun 309 Gebiete reich. Dazu Maier: „Wir kennen die Bemühungen der Bundesländer an. In den letzten Jahren wurde viel Arbeit geleistet, um die Lücken im Netzwerk zu schließen und die Schutzgüter zu sichern. Allerdings verfügen einige wichtige Flächen noch nicht über den Schutz, den sie verdienen. Die alpinen Schwemmländer am Piz Val Gronda in Tirol und Flächen wertvoller Bergmähwiesen vor allem in Tirol und Salzburg (Unkener Bergmähder) gehören ebenso noch ins Netzwerk integriert wie die Weizklamm in der Steiermark, Gebiete für die Illyrischen Rotbuchenwälder in der Steiermark und Kärnten sowie den Blauschillernden Feuerfalter in Niederösterreich. Nicht zuletzt ist auch die im Hinblick auf Kraftwerksplanungen erfolgte Gebietsabgrenzung der Isel und ihrer Nebenflüsse in Osttirol zu korrigieren, um das Vertragsverletzungsverfahren endlich sauber beenden zu können.“

Nachnominierungsprozess abschließen und alle bei Umsetzung einbinden!

„Das regelmäßig aktualisierte Natura 2000-Barometer (Seiten 8-9) der Europäischen Kommission zeigt, dass Österreich im Vergleich zu den anderen Mitgliedstaaten der EU-28 schlecht abschneidet. Gemeinsam mit Litauen teilen wir uns den drittletzten Platz, nur die Slowakei und Zypern haben noch unvollständigere Natura 2000-Gebietsnetzwerke als wir. Der Aufholbedarf für Österreich liegt somit klar auf der Hand!“, so Maier. Die Analyse zur Hinlänglichkeit der ausgewiesenen FFH-Gebiete untersucht für jeden Mitgliedstaat, ob die Arten und Lebensräume der Anhänge I und II der FFH-Richtlinie ausreichend durch die dort ausgewiesenen Gebiete abgedeckt sind. Das letztverfügbare Natura 2000-Barometer vom Juli 2017 verdeutlicht den Handlungsbedarf in Österreich und zeigt auch unser schlechtes Abschneiden im EU-Vergleich auf. „Die noch ausständigen Gebiete müssen jetzt endlich gemeldet, der Nachnominierungsprozess muss fachlich korrekt abgeschlossen werden. Die Energien sollten dann gebündelt in ein ordnungsgemäßes Schutzgebietsmanagement und umfassende Gebietsbetreuung fließen, denn auch hier sind noch große Anstrengungen nötig, um den Erhalt der Arten und Lebensräume langfristig sicherzustellen“, betont Maier. Wesentlich für den Erfolg von Natura 2000 ist die Einbindung der verschiedenen Interessengruppen, vor allem der Land- und Forstwirtschaft, denn viele der heimischen Natura 2000-Gebiete beinhalten wertvolle Kulturlandschaften, für deren Erhalt die Leistungen der BewirtschafterInnen unabdingbar sind. „Dabei gibt es auch schon einige positive Beispiele zu verzeichnen. In vielen Regionen und Natura 2000-Gebieten sind bereits äußerst kompetente SchutzgebietsbetreuerInnen etabliert, die, insbesondere durch direkte Kommunikation mit BewirtschafterInnen, eine Schlüsselrolle im guten Miteinander von Mensch und Natur spielen“, berichtet Maier. Um die sachgerechte Umsetzung von Naturschutzmaßnahmen zu gewährleisten, braucht es vor allem auch die Sicherstellung der Finanzierung. „Es muss nun alles daran gesetzt werden, Natura 2000 in Österreich zu einer Erfolgsstory zu machen“, so Maier abschließend.

Download PDF