Umweltdachverband: Historisches Höchstgerichtsurteil zur Zukunft von Schutzgebieten

  • Verfassungsgerichtshof (VfGH) hebt Vorarlberger Verordnung hinsichtlich Verkleinerung eines Schutzgebietes auf Grundlage des Naturschutzprotokolls der Alpenkonvention auf
  • Umweltdachverband fordert sofortige Absage des Ausbaus der Wurzeralm in OÖ sowie des Gaststätten-Projekts im Nationalpark Hohe Tauern
  • Erweiterung und Neuschaffung von Schutzgebieten ist dringend geboten

Wien, 03.02.22 (UWD) Gute Nachricht für die Natur: Auf Grundlage des Naturschutzprotokolls der Alpenkonvention hat der Verfassungsgerichtshof jüngst eine Vorarlberger Verordnung, mit der das Naturschutzgebiet „Gipslöcher“ in Lech aufgrund von Bauplänen für eine Liftanlage um rund 900 m2 verkleinert werden sollte, als gesetzwidrig aufgehoben. „Wir begrüßen das Erkenntnis, da Schutzgebiete im Anwendungsbereich der Alpenkonvention nur unter strengen Voraussetzungen verkleinert werden dürfen. Dass dieses Faktum nun erstmals durch ein Höchstgericht nachdrücklich festgestellt wurde, ist jedenfalls zukunftsweisend!“, betont Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.

Eingriffe in Schutzgebiete müssen verhindert werden
Der Verfassungsgerichtshof hält in seinem Erkenntnis fest, dass Art 11 Abs 1 des Protokolls „Naturschutz und Landschaftspflege“ der Alpenkonvention unmittelbar anwendbar und Österreich damit verpflichtet ist, bestehende Schutzgebiete im Sinne ihres Schutzzwecks zu erhalten, zu pflegen und – wo erforderlich – zu erweitern sowie Beeinträchtigungen oder Zerstörungen zu vermeiden. Dass insbesondere die sensiblen Alpenräume durch touristische Infrastrukturprojekte unter Druck stehen, ist evident. Ein Beispiel dafür ist ein höchst umstrittenes Bauvorhaben auf der Wurzeralm im Warscheneckgebiet in Oberösterreich: die Sanierung der Frauenkarseilbahn. Im Oktober 2021 wurde dieses Bauprojekt einer Prüfung durch die unabhängige Rechtsservicestelle (RSS) Alpenkonvention unterzogen: „Die Ergebnisse der Rechtsprüfung belegen klar, dass die massiven Sanierungs- und Ausbaupläne im Gebiet Warscheneck-Wurzeralm rechtswidrig den Schutzzweck der Natur- und Landschaftsschutzgebiete beeinträchtigen und somit im Widerspruch zu den Vorgaben der rechtlich verbindlichen Alpenkonvention stehen. Wir fordern daher insbesondere auch im Lichte des jüngsten VfGH-Erkenntnisses eine sofortige Einstellung der Baupläne auf der Wurzeralm. Ein weiteres aktuelles Beispiel ist das Gaststätten-Projekt der Großglocknerhochalpenstraßen AG (GROHAG) im Bereich des Sonderschutzgebietes Gamsgrube im Nationalpark Hohe Tauern Kärnten. Alle weiteren Vorbereitungen für dieses offensichtlich rechtswidrige Vorhaben sind sofort einzustellen“, fordert Maier.

EU-Biodiversitätsstrategie: Mindestens 30 % der Landesfläche sind als Schutzgebiete auszuweisen
Das Erkenntnis des VfGH stellt ein für alle Mal klar, dass es nur in eine Richtung gehen kann: „Statt in Zeiten der Biodiversitäts- und Klimakrise sensible Ökosysteme mit Bauvorhaben unter Druck zu setzen, ist eine Erweiterung und Neuschaffung von Schutzgebieten dringend geboten. Dies erfordert nicht zuletzt auch die EU-Biodiversitätsstrategie, die alle Mitgliedsstaaten verpflichtet, mindestens 30 % der Landesfläche als Schutzgebiete auszuweisen“, so Maier abschließend.

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