Umweltdachverband: Natur und Umweltrecht in Salzburg in Gefahr!
- Bundesländer-Tournee im Rahmen des 50-Jahr-Jubiläums: Brennpunkt #Salzburg
- Forderung an Salzburger Landesregierung: Verantwortungsvolle Politik muss Umweltrechtsschutz und Natur stärken
V.l.n.r.: Winfrid Herbst, Sophia Burtscher-Trenkler, Franz Maier, Liliana Dagostin. ©Umweltdachverband/Tina Leonhard
Salzburg, 24.05.23 (UWD) Die Biodiversitäts- und Klimakrise stellen uns vor große Herausforderungen, die lösungsorientierten Umwelt- und Naturschutz benötigen. In Salzburg stehen dafür mit der Regierungsbildung entscheidende Tage bevor. Der Umweltdachverband nimmt im Rahmen seiner Bundesländer-Tournee zum 50-Jahr-Jubiläum die Lage unter die Lupe. „In Salzburg drohen eine massive Schwächung des Naturschutzes und die Entmachtung der Landesumweltanwaltschaft (LUA), die eine der letzten Instanzen ist, die auf Landesebene dem Wildwuchs von naturzerstörerischen Projekten Einhalt gebieten kann – was fatale Folgen hätte, denn ohne Sicherung und Bewahrung intakter Ökosysteme, die als Kohlenstoffsenken und dämpfend bei der Klimaerhitzung wirken, sind auch die Klimaziele nicht erreichbar“, betont Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes.
Landesumweltanwaltschaft gibt der Natur eine Stimme
„Alle wesentlichen Akteure in Österreich werden durch Interessensvertretungen gestärkt. Unternehmen und Industrie durch die Wirtschaftskammer und die Industriellenvereinigung, Arbeitnehmer:innen durch die Arbeiterkammern oder die Landwirtschaft durch die Landwirtschaftskammer. Natur und Umwelt, also unsere Lebensgrundlage, erfahren durch die Landesumweltanwaltschaften eine Stärkung, wenngleich mit deutlich weniger finanziellen und personellen Ressourcen – was an sich schon zu hinterfragen ist. Doch gerade diesem zentralen Bereich droht in Salzburg durch die neue Landesregierung eine Schwächung, statt dass es zu einer Stärkung kommen würde. Die LUA trägt in Salzburg seit mehr als 35 Jahren wesentlich zu einer intakten Umwelt, Natur und Artenvielfalt bei. Als kompetente Anwält:innen kämpfen die LUAs auf Basis geltender Gesetze für unsere Natur. Die LUA schaut, dass unsere Lebensgrundlage nicht unter die Räder kommt. Eine verantwortungsvolle Politik muss den Umwelt- und Naturschutz stärken, Verantwortung für das Wohl der Gesellschaft tragen und die LUA durch finanzielle und personelle Mittel aufwerten. Wir alle brauchen diese erfahrene und wichtige Institution zur Bewältigung der großen Umweltkrisen“, appelliert Sophia Burtscher-Trenkler, Vorsitzende der Naturfreunde Salzburg, an die künftige Salzburger Landesregierung.
Rechte der weisungsfreien, unabhängigen LUA nicht beschränken!
„Im Rahmen einer pluralistischen und demokratischen Gesellschaft ist es von höchster Bedeutung, ein Gleichgewicht der Interessen und Machtstrukturen sicherzustellen. Bürger:inneninitiativen, Umweltorganisationen und Umweltanwaltschaften haben in der Vergangenheit in unserem Land nicht nur viele Umweltsünden verhindert, sondern mit ihrem Einsatz und Wissen viel zur Verbesserung der Umweltsituation beigetragen. In einem aufgeklärten Staatswesen darf gerade in einer Zeit, in der die Folgen des Klimawandels, des Bodenverbrauchs und des Artensterbens für die Menschen längst spürbar geworden sind, nicht auf ihren Einsatz und ihr Wissen verzichtet werden. Eine Beschränkung der Rechte der weisungsfreien und unabhängigen Salzburger LUA hätte gravierende Folgen, insbesondere wenn es um den Zugang zu den Höchstgerichten geht. Die Salzburger Landesregierung ist aufgerufen, sich in sachlicher Weise mit den Argumenten der Umweltanwaltschaft auseinanderzusetzen“, sagt Winfrid Herbst, Vorsitzender des Naturschutzbundes Salzburg.
Vorstoß punkto Naturschutzgesetz ist alarmierend – Energiesparoffensive gefordert
Auch der Vorschlag, mit dem das Salzburger Naturschutzgesetz geändert werden soll, ist alarmierend. „Um den Ausbau von Erneuerbaren Energien zu beschleunigen, droht die Eliminierung des Revisionsrechtes der LUA vor dem Verwaltungsgerichtshof bei Genehmigungsverfahren für Anlagen im Bereich der Erneuerbaren. Damit würde der Umweltrechtsschutz massiv geschwächt werden. Zudem würde Projekten zur Energiewende künftig gegenüber dem öffentlichen Interesse des Naturschutzes Vorrang eingeräumt werden. Aber auch andere Vorhaben wie Hotelanlagen, Skilifte oder Betriebsansiedelungen könnten durch eine solche Bestimmung bevorzugt werden. Außerdem sollen Bewilligungspflichten für weitere infrastrukturelle Maßnahmen zur Errichtung erneuerbarer Energieanlagen – wie etwa Straßen, Wege und Nebenanlagen – wegfallen, was die Lage für Natur und Landschaft etwa bei der Errichtung von Windkraftanlagen – Stichwort Projekt Windsfeld – weiter verschärfen würde. Inmitten eines globalen Massensterbens müssen wir den Weg für Lösungen ebnen, die den Schutz der Biodiversität und Ökosysteme gewährleisten und gleichzeitig der Steigerung erneuerbarer Energien und der Reduktion der Treibhausgasemissionen dienen. Dazu gehören Effizienzsteigerung bei bestehenden Anlagen, eine Energiesparoffensive sowie die Nutzung der bereits verbauten Infrastruktur für einen massiven Ausbau der Photovoltaik“, konstatiert Maier.
Hochwasserschutz im Nationalpark Hohe Tauern: Schutzgüter in Gefahr!
Das Land Salzburg plant in mehreren Tälern des Nationalparks Hohe Tauern Rückhaltebecken als Hochwasserschutzmaßnahme.„Immer wieder hören wir von großen Rückhaltebecken, die in den Tauerntälern errichtet werden sollen, um das Risiko von Überschwemmungen im Oberpinzgau zu reduzieren. Hochwasserschutzmaßnahmen sind zweifelsohne erforderlich, aber nicht in dieser Form! Wie zum Beispiel die kolportierten Pläne am Hintersee im Felbertal und im Hollersbachtal. In Letzterem würde die durch den künstlichen Aufstau verursachte Wasserstandsanhebung Moore fluten. Der durch die Klimaerhitzung verursachten Hochwassergefahr ausgerechnet durch die Schädigung eines Lebensraumtyps begegnen zu wollen, der zu den wichtigsten natürlichen Kohlenstoffsenken gehört, ist widersinnig! Hochwasserschutz soll dort gebaut werden, wo er notwendig ist und so wenig Schaden wie möglich anrichtet! Die Errichtung von Retentionsbecken im Salzburger Anteil des Nationalparks Hohe Tauern würde aber Schutzgüter erheblich beeinträchtigen und die IUCN-Konformität der Maßnahmen mit dem Nationalpark gefährden. Wir versuchen seit Monaten an belastbare Unterlagen zu kommen, die Aufschluss darüber geben, welches Retentionsvolumen für den Schutz notwendig ist. Doch die entsprechenden Gutachten werden Grundeigentümer:innen wie NGOs vorenthalten. Wir erhalten auch keinen Aufschluss darüber, welche talnahen Alternativen geprüft wurden, bzw. ob es überhaupt eine solche Alternativenprüfung im Oberpinzgau gegeben hat. Die Salzburger Landesregierung muss für das Hochwasserproblem naturverträgliche Lösungen auch außerhalb des Nationalparks in Betracht ziehen. Dafür ist ein intensiver Austausch mit allen Betroffenen und eine frühzeitige Einbeziehung der Naturschutzorganisationen unumgänglich“, erklärt Liliana Dagostin, UWD-Vizepräsidentin und Leiterin der Abteilung Raumplanung und Naturschutz des Österreichischen Alpenvereins.
Unisono fordern Umweltdachverband, Alpenverein, Naturfreunde und Naturschutzbund die zukünftige Salzburger Landesregierung eindringlich auf, von einer Schwächung der Umweltstandards abzurücken. Moderne, zukunftsorientierte Landespolitik schützt Lebensgrundlagen – Wasser, Wälder, Natur, Landschaften – als Garanten der Klimawandelanpassung und sorgt mit klugen Rahmenvorgaben (Energieraumplanung, Förderungen, gesetzliche Anpassungen) – für eine naturverträgliche Energiewende!
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