Und es ward Licht in den Gemeinden: Segen mit potenziellen Schattenseiten

  • Umweltdachverband warnt vor ökologischen und gesundheitlichen Folgen der Lichtverschmutzung und fordert deren Berücksichtigung bei Neuplanungen
  • Beleuchtung im öffentlichen Raum: Energieeffiziente, umweltfreundliche und blendfreie Lösungen gefragt
  • Beratungsmöglichkeiten für Gemeinden in NÖ

Wien, 12.12.19 (UWD) Der kürzeste Tag des Jahres naht, die Straßenlaternen gehen zunehmend früher an, Weihnachtsbeleuchtung strahlt vielerorts in hellem Glanz. Doch diese Lichtorgien bergen auch Schattenseiten: „Die Lichtverschmutzung oder auch Lichtsmog, wie die künstliche Aufhellung bezeichnet wird, nimmt stetig zu. Das stört die Pflanzen- und Tierwelt und kann uns Menschen krank machen. Hinsichtlich der Straßenbeleuchtung spielen nicht nur Sicherheit und Energieeffizienz eine wichtige Rolle, sondern auch Gesundheit und Ökologie. Im Rahmen des Projekts ,Lebensraum Naturnacht‘ wollen wir Gemeinden die Auswirkungen der Lichtverschmutzung auf Umwelt und Gesundheit deutlich machen, damit das Bewusstsein für diese Problematik steigt und Licht-Sparpotenziale erkannt und genutzt werden. Im Gegensatz zu anderen Umweltbelastungen lassen sich die Belastungen durch Licht vergleichsweise einfach reduzieren. Grund genug, diesen Vorteil umgehend zu nutzen“, sagt Christian Raffetseder, Projektleiter und Biodiversitätsexperte im Umweltdachverband.

Zu viel künstliche Beleuchtung ist schädlich für Gesundheit, Natur und Umwelt
Künstliches Licht bringt den natürlichen Tag-Nacht-Rhythmus des Menschen, der durch das Hormon Melatonin gesteuert wird, aus dem Gleichgewicht. Die Zirbeldrüse des menschlichen Gehirns schüttet Melatonin in den Abend- und Nachtstunden aus. Tageslicht und nächtliches Kunstlicht hemmen hingegen die Melatonin-Synthese. „Schon sehr geringe Lichtintensitäten genügen, um den Melatoninspiegel im Blut zu senken – was das Immunsystem, Gedächtnis- und Lernleistungen sowie die Steuerung der Herzfrequenz und den Blutdruck beeinträchtigt. Lichtsmog hat aber nicht nur Auswirkungen auf uns Menschen, sondern auch auf Lebewesen und Ökosysteme: Insbesondere nachtaktive Tiere, wie Insekten, Vögel, Amphibien, Reptilien, Fledermäuse und andere Säugetiere, werden bei ihrer Futtersuche, der Fortpflanzung oder in ihrem Wanderverhalten gestört. Die Folge ist ein weiterer Verlust der bereits stark bedrohten Artenvielfalt und somit eine Schwächung der Ökosysteme“, sagt Raffetseder.

Was Gemeinden tun können: Smartes Beleuchtungskonzept bringt viele Vorteile
Die sorgfältige und smarte Planung der Straßenbeleuchtung ist daher das A und O für Gemeinden. Um negative Umweltauswirkungen so gering wie möglich zu halten, sollte als erster Schritt die Notwendigkeit einer Beleuchtung geprüft werden. Eine optimierte Lichtpunkthöhe und zielgerichtete Beleuchtung auf die Straße sorgen dafür, dass kein unnötiges Licht auf Bäume und Sträucher geworfen wird oder in die Fenster von AnrainerInnen strahlt. Eine bedarfsgerechte Dimmung auf wenig frequentierten Flächen im öffentlichen Raum hilft zudem, nicht genutzte Strahlung und die Energiekosten auf ein Minimum zu reduzieren. Generell vermieden werden sollte kurzwelliges Licht mit hohem Blauanteil und UV-Anteilen, da dieses vermehrt nachtaktive Insekten anzieht und in den Erschöpfungstod treibt. Um diese Möglichkeiten für einen intelligenten Einsatz von Kunstlicht an die Gemeinden heran zu tragen, wurde mit der Schulung von EnergieberaterInnen der Energie- und Umweltagentur NÖ ein erster Schritt gemacht. Im Rahmen eines Fachseminars wurden die ökologischen Auswirkungen der Lichtverschmutzung thematisiert. Gemeinsam mit der demnächst erscheinenden Broschüre zur Straßenbeleuchtung verfügen die BeraterInnen über das nötige Wissen, die Gemeinden neben der Energieeffizienz auch über die ökologischen Aspekte der Lichtverschmutzung zu beraten. „Summa summarum ergeben sich bei richtiger Umsetzung eines Beleuchtungskonzepts viele wertvolle Synergieeffekte, wie gesteigerte Effizienz, positive Gesundheitswirkungen und Schonung von Natur und Umwelt“, so Raffetseder abschließend.

Weiterführende Hinweise:


Das Projekt „Lebensraum Naturnacht“
Gemeinsam durchgeführt vom Naturhistorischen Museum Wien (Koordination), dem Verein Kuffner-Sternwarte, dem E.C.O. Institut für Ökologie und dem Umweltdachverband, widmet sich das Projekt den negativen Auswirkungen des nächtlichen Kunstlichts auf die gemeinsamen Lebensräume von Menschen, Tieren und Pflanzen.Mit einer Reihe von Veranstaltungen für die breite Öffentlichkeit, einem Beratungsangebot für Gemeinden im Rahmen des Projekts sowie einem Managementkonzept für Schutzgebiete, soll ein großer Beitrag zur Bewusstseinsbildung und Erhaltung ursprünglicher Nachtlebensräume sowie deren bedrohter Biodiversität geleistet werden. Gefördert wird das Projekt von Bund und Europäischer Union im Rahmen des Österreichischen Programms für ländliche Entwicklung 2014 bis 2020 (Programm LE 14-20). 
www.umweltdachverband.at/themen/naturschutz/biodiversitaet/lebensraum-naturnacht

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