In der alpinen Kulturlandschaft treffen Nutztiere und ihre natürlichen Fressfeinde direkt aufeinander. Das Projekt LIFEstockProtect zielt auf eine nachhaltige Verbesserung des Herdenschutzes im Alpenraum ab und zeigt Lösungen im Spannungsfeld von landwirtschaftlicher Nutztierhaltung und Naturschutz auf.
LIFEstockProtect (2020 - 2025)
Die Rückkehr von Großraubtieren in beweidete Regionen sorgt bei betroffenen Nutztierhalter:innen für wirtschaftliche aber auch psychologische Verunsicherungen, die nach alternativen Lösungsansätzen verlangen. Insbesondere betroffen sind Landwirt:innen mit extensiver Tierhaltung und naturnaher Bewirtschaftung ökologisch wertvoller Flächen. LIFEstockProtect will mit seinem Angebot an Herdenschutzmaßnahmen, Ausbildungen und Bewusstseinsbildung sowie durch einen lokalen Wissentransfer zu einer sicheren, fairen und nachhaltigen Koexistenz von Weidewirtschaft und Artenschutz beitragen.
Die Projektregion erstreckt sich über alle neun Bundesländer Österreichs und mit Bayern, Südtirol und Trentino über die alpinen Regionen Deutschlands und Italiens. Finanziert wird das Projekt über das LIFE-Programm der Europäischen Kommission, das eine Förderung von 75 % vorsieht. LIFEstockProtect richtet sich mit seinen Angeboten und Maßnahmen an alle Nutztierhalter:innen, egal ob es sich um Schaf-, Ziegen-, Rinder-, Pferde-, Schweine- oder Geflügelhaltung handelt.
Nutztierhaltung in der alpinen Kulturlandschaft stellt Landwirt:innen vor große Herausforderungen.
© LIFEstockProtect
Mit Start im September 2020 erarbeitet das interdisziplinär und international aufgestellte Projektteam im Projektzeitraum von fünf Jahren eine breite Palette unterschiedlicher Herdenschutzmaßnahmen und stellt für alle Interessierten Wissen und praxisnahe Weiterbildungsmöglichkeiten zur Verfügung. In diesem Zusammenhang werden folgende Projektziele verfolgt:
- Herdenschutzausbildung. Für Nutztierhalter:innen, Hirt:innen und Interessierte wird eine Ausbildung zu „Geführte Weideführung und Herdenschutz für alle Nutztierarten“ angeboten. Dazu erfolgt die Ausbildug von Herdenschutzberater:innen, die in regionalen Herdenschutzkompetenzzentren ihr Wissen an Kolleg:innen weitergeben.
Ab dem Frühjahr 2022 werden Herdenschutzkurse an den LIFEstockProtect Kompetenzzentren abgehalten. Termine und Themen der aktuellen Kurse entnehmen Sie bitte folgendem Veranstaltungskalender: https://training.lifestockprotect.info/
- Herdenschutzhunde. Es wird ein Zucht- und Ausbildungsprogramm für Herdenschutzhunde inklusive Prüfungsrahmenverordnung entwickelt. Dabei werden Fragen des Versicherungsschutzes und des Tierschutzes für eine praxisfähige Umsetzung miteinbezogen.
- Multiperspektivischer Ansatz für Herdenschutz. Thematische Arbeitsgruppen betrachten das Thema Herdenschutz aus unterschiedlichen Blickwinkeln. Ein starker Fokus liegt dabei auf der Kooperation des Herdenschutzes und des Tourismus in relevanten Regionen.
- Herdenschutz Forschung. Der Alpenraum zeichnet sich aufgrund seiner speziellen klimatischen und räumlichen Bedingungen durch eine besonders hohe Biodiversität aus. Im Projekt werden die Auswirkungen von Herdenschutz auf die Biodiversität in neun Gebieten, vom Alpenvorland bis zum Gebirge, untersucht. Außerdem werden verschiedene Typen von Herdenschutzzäunen einer langfristigen Testung unterzogen.
- Öffentlichkeitsarbeit. Neben der Projektwebsite www.lifestockprotect.info wird das Projekt durch Social-Media- und Online-Aktivitäten laufend begleitet. Es entsteht eine mobile und mehrsprachige Wanderausstellung, die auf einer Reihe von Messen ausgestellt wird und für unterschiedliche Workshops sowie Jugendbildungsprogramme genutzt wird.
Herdenschutz kann durch unterschiedliche Maßnahmen erfolgen. Neben der Behirtung und Einzäunung können Herdenschutzhunde die Nutztiere vor Gefahren schützen. © LIFEstockProtect
Aktuelles
Herdenschutzmaßnahmen: Rückhalt in der Bevölkerung
Maßnahmen zum Schutz von Weidetieren und die finanzielle Unterstützung der Almbewirtschafter:innen erhalten eine breite Unterstützung der österreichischen Bevölkerung. Dies zeigt eine Umfrage des Umweltdachverbandes, die im Rahmen des Projektes in Auftrag gegeben und anlässlich der Grünen Woche im Januar 2025 erstmalig veröffentlicht wurde.
Eines der wichtigsten Ergebnisse: Die Einstellung der Bevölkerung zum Thema Herdenschutzmaßnahmen ist durchweg positiv: 90 % der Befragten halten es für wichtig, dass die Landwirt:innen Maßnahmen ergreifen, um ihre Tiere vor natürlichen Risiken, wie Unwettern, Unfällen, Krankheiten oder Übergriffen durch große Beutegreifer zu schützen.
Die Mehrheit der Befragten ist auch bereit, dadurch entstehende Kosten mitzutragen. © LIFEstockProtect
Die Kernergebnisse der Umfrage finden Sie hier und in unserer Presseaussendung.
Die gesamten Umfrageergebnisse finden Sie hier.
Weitere aktuelle Projektergebnisse finden Sie auf der offiziellen Projektwebsite unter https://lifestockprotect.info/
Das Projekt setzt neben Forschung und Beratung auch auf den direkten Austausch zwischen Landwirt:innen, Hirt:innen und Expert:innen. Neben wissenschaftlichen Untersuchungen und Weiterbildungen spielen Fachveranstaltungen eine zentrale Rolle, um Wissen zu verbreiten und innovative Herdenschutzmaßnahmen vorzustellen.
Stakeholder-Exkursion Wildflecken 2023: Umsetzung verschiedener Möglichkeiten von Herdenschutzmaßnahmen
Im September 2023 fand eine Exkursion auf dem Truppenübungsplatz Wildflecken (Deutschland) statt, bei der unterschiedliche Herdenschutzmaßnahmen in der Praxis vorgestellt wurden. Die 36 teilnehmenden Personen aus verschiedenen Stakeholder-Gruppen – darunter Beamt:innen und Administrator:innen, Naturschutzorganisationen, Jäger:innen, Landwirt:innen und Hirt:innen, Politiker:innen, Biolog:innen sowie Vertreter der Bundeswehr – konnten sich direkt vor Ort ein Bild von bewährten Methoden machen und mit erfahrenen Praktiker:innen ins Gespräch kommen.
© Franziska Werba
Gezeigt wurden unter anderem:
- Schutzzäune und Nachtpferche als mechanische Schutzmaßnahmen sowie Behirtung
- Einsatz von Herdenschutzhunden
- Beweidungsmanagement im Kontext von Herdenschutz und Biodiversität
- Aspekte des Wolfmanagements, einschließlich Monitoring und Populationsdynamik
- Berücksichtigung verschiedener Nutzungsinteressen des Standortes, wie Beweidung und militärische Nutzung
Auf dem Truppenübungsplatz wurde der Einsatz von Herdenschutzhunden in einer Herde von rund 800 Schafen demonstriert. © Franzsika Werba
Ein zentraler Programmpunkt war der Austausch mit der Wanderschäferin Christiane Geiger, die über ihre Erfahrungen mit Herdenschutzhunden und den Herausforderungen durch die Wolfspräsenz in der Region berichtete.
Ergänzt wurde die Veranstaltung durch Fachvorträge und Diskussionen mit Vertreter:innen der Bundeswehr, LIFE-Projektpartner:innen und weiteren Fachleuten.
Anwesend waren Teilnehmer:innen aus verschiedenen Institutionen, darunter Behörden und Verwaltungseinrichtungen wie das Landratsamt Haßberge und die Regierung von Unterfranken. Auch Umwelt- und Naturschutzorganisationen waren vertreten, darunter der Deutsche Verband für Landschaftspflege (DVL) e.V. und der NABU Hessen. Weitere Teilnehmer:innen kamen aus der Landesanstalt für Landwirtschaft sowie vom Bio-Hof Geiger & Michler und dem Herdenschutz-Kompetenzzentrum Betrieb Storch.
Herdenschutztage 2024: Praxisnahe Einblicke in den Herdenschutz
Am 24. und 25. Oktober 2024 versammelten sich in Südtirol auf der Fachschule für Land- und Hauswirtschaft Salern über 200 Teilnehmer:innen aus mehr als zehn europäischen Ländern, um ihre Erfahrungen mit modernen Herdenschutzmethoden auszutauschen. Im Zentrum der Veranstaltung standen praktische Lösungen für den Schutz von Weidetieren, insbesondere der Einsatz von Herdenschutzhunden sowie innovative Zaunsysteme und GPS-Überwachungstechnologien.
Den Auftakt bildeten Fachvorträge zu erfolgreichen Herdenschutzmaßnahmen aus Österreich, Bayern und Südtirol. Erfahrungsberichte von Wanderschäfer:innen und Nutztierhalter:innen boten einen direkten Einblick in die Herausforderungen der Weidehaltung und den Schutz von Herden. Ein besonderer Schwerpunkt lag auf dem sich verändernden Berufsbild der Hirt: innen sowie auf dem Vertragsnaturschutz als Modell für nachhaltige Beweidung.
Am zweiten Veranstaltungstag standen Herdenschutzhunde im Fokus. Expert:innen aus Südtirol und Deutschland diskutierten deren Ausbildung, Haltung und den Umgang mit Tourismus. In praktischen Vorführungen wurden verschiedene Herdenschutzhunderassen im Einsatz gezeigt, ergänzt durch Workshops zu modernen Zaunbau-Technologien.
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Abhängig von den spezifischen Bedürfnissen bieten sich unterschiedliche Herdenschutzmaßnahmen an.
© LIFEstockProtect
Ein Highlight war die Eröffnung der Ausstellung „Gras und Zähne – al pascolo – may safely graze“ im Naturmuseum Bozen, die sich mit der 2.000-jährigen Geschichte der Schäferei befasst. Die Ausstellung bleibt bis Oktober 2025 zugänglich.
Mehr zu den Sarner Herdenschutztagen und Impressionen aus der Veranstaltung finden Sie auf unserer Projektwebsite und hier.
Ausblick: Finale Herdenschutzkonferenz 2025
Ein zentrales Abschluss-Event des LIFEstockProtect-Projekts wird die finale Herdenschutzkonferenz vom 17. bis 19. Juli 2025 in Neumarkt (Steiermark, Österreich) sein. Diese Veranstaltung bringt Praktiker:innen, Wissenschaftler:innen und andere Interessierte zusammen, um über die Zukunft des Herdenschutzes zu diskutieren und innovative Technologien sowie bewährte Methoden in der Praxis zu erleben.
Themen und Highlights:
- Technologische Innovationen: Drohnen und autonome Fahrzeuge zur Überwachung und Zaunkontrolle
- Praxiseinblicke: Live-Demonstrationen von Herdenschutzhunden im Einsatz mit verschiedenen Nutztierarten
- Herdenschutzmaßnahmen im Test: Interaktive Workshops und Vorführungen
- Ausstellung seltener Rassen: Schafe und Ziegen im Fokus der Biodiversität
- Erfahrungsaustausch mit Landwirt:innen und Hirt:innen aus ganz Europa
Das Freiluftprogramm am Samstag bietet ein interaktives Erlebnis für Fachleute und Familien. Neben Vorführungen gibt es regionale Kulinarik von Weidetieren, eine Wolle- und Lederwerkstatt sowie Kinderprogramme rund um die Themen Schäferei und Herdenschutz.
Projektinfos kompakt
Projektleitung: BIO AUSTRIA Niederösterreich und Wien
17 internationale Partner: Österreich: BIO AUSTRIA – Verein zur Förderung des biologischen Landbaus (BIOAT BV), European Wilderness Society, Verein zum Schutz der Europäischen Wildnis (EWS), Naturschutzhunde – Spürhunde im Natur- und Artenschutz (NSH), Umweltdachverband (UWD), Vetmeduni Vienna (VUW), Naturschutzbund Österreich (ÖNB), Österreichzentrum Bär, Wolf, Luchs (ÖZ) Deutschland: Bioland Beratung GmbH (BBG), Bioland Landesverband Bayern e.V. (BLBY), BUND Naturschutz in Bayern e.V. (BUND NB) Italien: Arbeitsgemeinschaft für die biologisch-dynamische Wirtschaftsweise (ABDW), Società Cooperativa Sociale Eliante Onlus (ELIANTE), European Academy of Bozen-Bolzano (EURAC), Betrieb Landesmuseen – Naturmuseum Südtirol (NMS), OPUS Oekologische Planungen Umweltstudien und Service GmbH (OPUS)
Projektlaufzeit: September 2020 bis August 2025
Gesamtprojektbudget: 4,9 Millionen Euro (davon 3,7 Millionen Euro von der EU finanziert)
Das LIFEstockProtect-Projekt (LIFE19 NAT/AT/000889) wird durch das LIFE-Programm der Europäischen Union finanziert. Die Projektbegünstigten übernehmen die volle Verantwortung für die auf dieser Website enthaltenen Materialien. Die Europäische Kommission oder CINEA sind nicht verantwortlich für das Material oder die Nutzung der auf der Website enthaltenen Informationen
Die Erstellung dieser Webseite wurde im Rahmen eines Medienprojektes von Einsatzstellen, Teilnehmenden des Freiwilligen Umweltjahrs FUJ und der Jugend-Umwelt-Plattform JUMP im Rahmen des FUJ-Lehrgangs gemeinsam umgesetzt (www.fuj.at).
Ihre Projektleitung:

Mag.a Franziska Werba
ProjektleitungBiodiversität, Ländliche Entwicklung & Naturschutz
E-Mail+43 1 401 13 54