Umweltdachverband, Österreichische Hagelversicherung & BOKU: Täglich wird ein Bauernhof verbaut!

  • Studie bestätigt: Bodenverbrauch auch für Klimaschutz problematisch
  • Umweltdachverband fordert: Bodenschutz im Klimaschutzgesetz verankern

Wien, 29.04.08 (UWD/Hagelversicherung) «Wir gehen viel zu sorglos mit dem wertvollen Gut Boden um. Täglich verschwinden in Österreich 15 Hektar Boden für Bau- und Verkehrsflächen. Das ist die Fläche eines durchschnittlichen heimischen Bauernhofes bzw. entspricht 20 Fußballfeldern. Für die Österreichische Hagelversicherung hat dies in zweifacher Hinsicht negative Konsequenzen. Zum einen verringert sich mit dem verschwindenden Ackerland Tag für Tag der Versicherungsgegenstand, weil landwirtschaftliche Nutzflächen für Siedlungs-, Industrie- und Verkehrszwecke verwendet werden. Zum anderen hat dieser hohe Bodenverbrauch Einfluss auf den Klimawandel, das heißt auf die Erderwärmung», erläuterte Dr. Kurt Weinberger, Generaldirektor der Österreichischen Hagelversicherung die Beweggründe, die Studie zum Thema «Klimaschutz durch Bodenschutz» an der Universität für Bodenkultur in Auftrag zu geben. «Wenn Tag für Tag große Flächen dieses CO2-Speichers versiegelt werden, wird der Klimawandel weiter beschleunigt. Der Verbrauch des Bodens für Industrie und Straßen ist für den Klimaschutz in mehrfacher Hinsicht problematisch. Es verringert sich die Bodenfläche für die Bindung von Treibhausgasen, im Zuge der Bauarbeiten werden zusätzliche Treibhausgase freigesetzt und die Straßenbenutzung sowie die industrielle Nutzung von Gebäuden erzeugen abermals Treibhausgasemissionen. Mit einem Wort: Boden ist ein wichtiger Klimaschutzfaktor. Deshalb ist es für uns als Naturkatastrophenversicherer wichtig, dass diese Entwicklung verlangsamt wird», so Weinberger. Weinberger zeigte anhand eines Beispiels die Größenordnung des Bodenverbrauchs auf. Wenn man den derzeitigen Flächenverbrauch für ein ganzes Jahr hochrechnet, entspricht dieser der gesamten Ackerfläche der Bundeshauptstadt Wien und in 20 Jahren in etwa der ganzen Ackerfläche des Burgenlandes.

Nicht die Zukunft verbauen

«Ziel der Studie war es, den Zusammenhang zwischen dem Boden als Faktor im Klimaschutz, der quantitativen Entwicklung von Bodennutzungsänderungen sowie den raumplanerischen Steuerungsmöglichkeiten aufzuzeigen», erklärte Univ.-Prof. Dr.in Gerlind Weber vom Institut für Raumplanung und ländliche Neuordnung der Universität für Bodenkultur.Weber meinte weiters, dass es keine Patentlösung gäbe, die das Problem Bodenschutz durch eine einzige Maßnahme mit einem Schlag lösen könne. Die Studienautorin wörtlich: «Mittlerweile wurde eine große Zahl an geeigneten Instrumenten entwickelt, mit denen insgesamt ein Boden sparendes Verhalten angeregt bzw. angeordnet werden kann. Dabei ist es nicht ausreichend, einzelne Maßnahmen beziehungslos nebeneinander zu stellen. Die Reduzierung des Flächenverbrauchs kann nur durch eine Ziel führende Gesamtstrategie erreicht werden. Mit kurzsichtiger Raumplanung, die weitere Zersiedelung zulässt, verbauen wir uns nur die Zukunft.»
«Österreich ist stark zersiedelt. Ein Grund dafür ist die falsche Annahme, dass billige, leicht verfügbare fossile Energieträger ohne nachteilige Folgen auch weit in die Zukunft hinein für unser Leben und Wirtschaften genützt werden können. Tatsache ist, dass die Energieversorgung in unseren Breiten derzeit vor allem durch Energieimporte abgedeckt wird. Klimawandel, das heißt die Erderwärmung und die Energiekrise fordern ein Umdenken», verlangte Weber. Und weiter: «Die Zersiedelung ist konsequent zu unterbinden, weil damit klimarelevante Konsequenzen verbunden sind: eine hohe Autoabhängigkeit durch weite Strecken, ein enormer Einsatz fossiler Energieträger, ein ungerechtfertigter hoher Verlust an landwirtschaftlich genutztem Boden, der Niedergang der Nahversorgung, eine Geringschätzung des Bodens als bedeutende Energie- und Rohstoffquelle der Zukunft und hohe Infrastrukturkosten für Errichtung, Pflege, Reparatur und Erneuerung.»
«Wir müssen dem Bodenschutz zum Durchbruch verhelfen. Dazu sollten wir die Zuständigkeiten überdenken, Gesetze modifizieren, die Förderungen umbauen, Entwicklungsstrategien ändern und Bewusstsein schaffen», fasste Weber das Maßnahmenbündel zusammen. Denn «mit bodenschonender Raumplanung im Heute machen wir das Klima von morgen», so Weber.

Bodenschutz im Klimaschutzgesetz verankern
«Umweltschutz beginnt im Boden. Umso wichtiger ist ein nachhaltiger Umgang mit diesem wertvollen Gut, das eine unserer wichtigsten Ressourcen ist», sagt Dr. Gerhard Heilingbrunner, Präsident des UWD Leider ist es in der Realität um den Bodenschutz oft gar nicht gut bestellt. Laut der Österreichischen Nachhaltigkeitsstrategie ist quantitativer und qualitativer Schutz von Boden ein Leitziel, eine weitere Versiegelung ist zu vermeiden. «Doch selbst unter FachexpertInnen ist noch zu wenig durchgedrungen, wie sehr bodenschonende Raumplanung der Nachhaltigkeit wie dem Klimaschutz dienen kann. Sparsamer Bodenverbrauch sorgt für effizienten Energieeinsatz, mehr Lebensqualität für jeden Einzelnen und hat positive Effekte für den Klimaschutz», so Heilingbrunner. Fest steht allerdings, dass Bodenschutz in der heimischen Klimastrategie bis dato kein Thema ist. «Im neuen Klimaschutzgesetz muss der Bodenschutz ohne Wenn und Aber verankert werden», fordert Heilingbrunner.

Alpenkonvention: Protokoll Bodenschutz gewissenhaft umsetzen
Fest steht weiters, dass die Böden der Alpen durch den Klimawandel stark gefährdet sind und deshalb besonderen Schutz verdienen. Mit dem Protokoll Bodenschutz der Alpenkonvention - das in Österreich seit 2002 in Kraft ist - ist eine solche Verpflichtung zum Bodenschutz bereits festgeschrieben. «Das bedeutet, dass es zum Thema Bodenschutz in Österreich bereits ein rechtlich verbindliches Instrumentarium gibt, das 2/3 des österreichischen Staatsgebietes abdeckt - mit dem Klimaschutzgesetz soll der Bodenschutz jetzt auf ganz Österreich ausgeweitet werden», fordert Heilingbrunner.
Das Protokoll Bodenschutz enthält in 28 Artikeln Grundsätze, die langfristig die ökologischen Bodenfunktionen qualitativ und quantitativ sichern sollen sowie sparsamen Umgang mit dem Boden einfordern. Bemerkenswert dabei ist, dass es bereits mehr als zwei Dutzend Bescheide gibt, in denen heimische Gerichte und Verwaltungen zu vermehrtem Schutz des Bodens drängen. «Ich lege das Protokoll Bodenschutz allen Verantwortlichen ans Herz. Es ist unsere Pflicht, auch dieses Protokoll der Alpenkonvention nach bestem Wissen und Gewissen umzusetzen - für den Alpen- und für den Klimaschutz», betont Heilingbrunner.