Umweltdachverband: Rettet den Huchen – Wasserkraft muss aus EU-Notverordnung ausgenommen werden!

Friesach bei Peggau, 13.04.23 (UWD) Heute startet der Umweltdachverband im Rahmen des 50-Jahr-Jubiläums seine Bundesländer-Tournee, die Brennpunkte des Natur- und Umweltschutzes in ganz Österreich in den Mittelpunkt rückt. In der Steiermark steht der ungezügelte Ausbau der Wasserkraft und seine Auswirkungen auf unsere Natur im Fokus. „Die EU-Notverordnung für erneuerbare Energien soll Genehmigungsverfahren erleichtern und eine Beschleunigung des Erneuerbaren-Ausbaus bewirken. So begrüßenswert die Verordnung in Bezug auf Solar- und Photovoltaikanlagen oder Wärmepumpen ist, so desaströs sind die Folgen für naturnahe Flüsse und gefährdete Arten“, betont Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes. In Österreich sind nur noch 14 % der Flüsse ökologisch intakt, längere freie Fließstrecken sind kaum noch vorhanden. Die EU-Wasserrahmenrichtlinie (WRRL) schreibt vor, dass alle Gewässer bis 2027 in einen ökologisch guten Zustand gebracht werden. Auch die Fauna-Flora-Habitat-Richtlinie (FFH-RL) sieht besonders strengen Schutz der Gewässer und ihrer aquatischen Lebensvielfalt vor. Doch dieser Schutz wird durch die Notverordnung außer Kraft gesetzt. „Wir fordern daher eine ausdrückliche Ausnahme der Wasserkraft aus dem Anwendungsbereich der Notverordnung. Denn die strikte Einhaltung der Zielvorgaben nach WRRL und die ambitionierte Umsetzung der Nationalen Gewässerbewirtschaftungspläne sind unabdingbar, um die letzten unberührten Fließstrecken Österreichs zu sichern“, erklärt Maier.

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Voller Einsatz für den Huchen: Manuel Hinterhofer, Steven Weiss, Franz Keppel, Franz Maier, Romana Ull, Alexander Petik (v. links)

Kraftwerksbau bringt höchste Gefahr für den Fisch des Jahres 2023

„In den freien Fließstrecken der Mur wird gerade das Kraftwerk Gratkorn gebaut. Weitere Kraftwerke in Zeltweg, St. Michael, Leoben-Ost und Stübing befinden sich in Planung – und das, obwohl an der Mur das naturverträgliche Potenzial der Wasserkraft wie in ganz Österreich längst ausgeschöpft und überschritten ist. Damit ist nicht nur die letzte freie Fließstrecke der Mur bedroht, sondern auch der dort lebende Fisch des Jahres 2023, der Huchen. Unsere letzten Flussjuwele als natürliche Lebensräume und die darin lebenden bedrohten Arten müssen vor dem Fische tötenden, Lebensraum zerschneidenden und das Flussbett verschlammenden Kraftwerksbau geschützt werden. Wir haben dazu eine Resolution gestartet und erwarten die Unterstützung vieler Unterzeichner:innen“, sagt Romana Ull, Vizepräsidentin des Naturschutzbund Steiermark.

Bedeutendster Bestand des Huchens an der Oberen Mur

Hucho hucho, auch Donaulachs genannt, zählt zu den weltweit größten Süßwasserfischen und ist eine der signifikantesten Zeigerarten für naturnahe und intakte Flusslandschaften. Er ist im gesamten Donauraum mittlerweile gefährdet. In Österreich sind die Populationen durch Flussregulierungen und insbesondere den Ausbau der Wasserkraft extrem zurückgegangen. Sein Erhaltungszustand ist gemäß FFH-Richtline als ,ungünstig-schlecht‘zu betrachten. Sein Überleben ist vom Fortbestand und der weiteren Entwicklung der letzten größeren, weitgehend intakten Population an der Mur abhängig“, so Manuel Hinterhofer, Geschäftsführer des Österreichischen Fischereiverbandes.
„Die in dieser Fließstrecke geplanten Wasserkraftwerke zerstückeln den Fluss und bedrohen nicht nur den Fisch des Jahres, sondern auch die Ziele des Natura 2000-Gebietes Obere Mur. Dieses wurde 2014 ausgewiesen, um den Huchen und viele andere im gesamten Alpenraum selten gewordene Arten zu schützen – wie auch den Smaragdgressling, einer weltweit nur in den Mur-Fließstrecken vorkommenden Fischart“, bemerkt Alexander Petik vom Landesfischereiverband Steiermark.

Laichplätze sind rar – Huchen vom Aussterben bedroht!

Ein Huchenpaar beim Laichen zu beobachten, gehört zu den eindrucksvollsten Naturerlebnissen, die wir an unseren Flüssen heute noch erfahren können. Die Laichwanderungen sind aktuell auf ihrem Höhepunkt angekommen, doch die Laichplätze sind rar geworden. Kraftwerke versperren den Fischen flussaufwärts den Weg dorthin. Vor Staumauern sammeln sich Schlamm und Sedimente. Kies, der zum Laichen gebraucht wird, fehlt. Weibchen finden durch Verbauung und Abgrabung kaum mehr sauerstoffreiche Kiesbänke zum Ablaichen. Neue Wasserkraftwerke sind daher Gift für den Huchen. Statt Kraftwerke zu bauen, müssen umfassende Sanierungsmaßnahmen – wie die Revitalisierung der Mur und deren Zubringer, die Errichtung bzw. Verbesserung von Fischwanderhilfen sowie ein ökologisch optimiertes Stauraumspülungs- und Geschiebemanagement – in Angriff genommen werden. Nur so können wir unsere letzten wertvollen Flüsse für die Natur erhalten und das Überleben des Huchens sichern“, betont Steven Weiss,Biologe an derUni Graz und Mitautor der BOKU-Studie „Der Huchen stirbt aus – was tun?“

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