Jetzt NATURA 2000-Schutz für Tamarisken an Isel, Tauernbach, Kalserbach und Schwarzach!

  • UWD und OeAV fordern: Land Tirol muss in Sachen NATURA 2000 endlich handeln
  • Aktuelle Studie zeigt: Osttiroler Tamarisken-Vorkommen müssen in europäisches Naturschutznetzwerk eingebunden werden
  • Klares NEIN zu Kraftwerksplänen an naturnahen Fließgewässern

 Osttirol/Wien - 19.08.11 - «Der Umweltdachverband, der Oesterreichische Alpenverein, der Verein zur Erhaltung der Erholungslandschaft Osttirol und die EU-Kommission fordern bereits seit mehr als 10 Jahren von Österreich die Nachnominierung weiterer national bedeutender Tamarisken-Bestände in das europäische Schutzgebietsnetzwerk NATURA 2000 - bisher allerdings erfolglos! Eine neue wissenschaftliche Studie belegt jetzt, dass die Tamarisken-Vorkommen in Osttirol von europaweiter Bedeutung sind, und dass das Land Tirol gemäß den NATURA 2000-Richtlinien der EU verpflichtet ist, die Vorkommen dieser ökologisch wichtigen und vom Aussterben bedrohten charakteristischen Pflanzenart naturnaher alpiner Fließgewässer endlich unter Schutz zu stellen. Die Tiroler Landesregierung hat nun die Möglichkeit, die Isel freiwillig unter NATURA 2000-Schutz zu stellen, oder sie wird gezwungen, dies zu tun - was aber zeigt, dass sie nicht willens ist, der Natur zu ihrem Recht zu verhelfen, sondern dazu gezwungen werden muss, naturnahe Bäche unter Schutz zu stellen», erklärt Gerhard Heilingbrunner, Präsident des Umweltdachverbandes.

Kraftwerkspläne bedrohen naturnahe Fließgewässer
«Aktuell sind in Osttirol naturnahe Fließgewässer der vergletscherten Zentralalpen - wie Isel, Tauernbach, Kalserbach oder Schwarzach - durch eine Vielzahl an geplanten Kraftwerken akut bedroht», warnt Peter Haßlacher, Leiter der Fachabteilung Raumplanung-Naturschutz des Oesterreichischen Alpenvereins. «Eines dieser zahlreichen Kraftwerke ist z.B. im Virgental an der Isel geplant. Es ist mit 144 Mio. Euro veranschlagt und soll eine Leistung von 47 MW erbringen. Das Projekt befindet sich jedoch in einem sehr sensiblen Gebiet, knapp an der Grenze zum Nationalpark Hohe Tauern. Es ist ein Skandal, dass Kraftwerkspläne wie diese an einem der letzten intakten Gletscherflüsse der Alpen und Tirols überhaupt auf Papier gebracht werden dürfen. Was hier völlig fehlt, ist eine übergeordnete raumplanerische Zusammenschau, eine Abstimmung mit der Nationalparkvorfeldgestaltung und eine vernünftige Energieraumplanung. Darüber hinaus gehen geplante Eingriffe an Fließgewässern im Alpenraum mit einem der letzten repräsentativen Tamariskenvorkommen mit den Verpflichtungen der FFH-Richtlinie nicht konform», so Haßlacher. Auch der Boom hin zu Kleinwasserkraftwerken ist kontraproduktiv. «Wir sprechen uns dezidiert gegen eine weitere Verbauung wertvoller Gebirgsbäche aus», so Haßlacher.

Intakter Erlebnis- und Erholungsraum an der Isel wichtig für regionale Wertschöpfung
Auch der Landschaftsschutzverein Osttirol bemüht sich seit dem Spätherbst 2001 um die Aufnahme der Isel in das Netzwerk NATURA 2000 - damals war Österreich von der EU-Kommission zur Meldung weiterer NATURA 2000-Gebiete aufgefordert worden. «Die Isel ist mit ihren ausdehnten Schotterbänken der Herzfluss Osttirols und neben dem Nationalpark Hohe Tauern das Herzstück des Osttiroler Naturerbes. Die Aufnahme der Isel in das Netzwerk NATURA 2000 sichert nicht nur die Erhaltung der biologischen Vielfalt, sondern auch einen intakten Erlebnis- und Erholungsraum und ist damit Grundlage für entsprechende regionale Wertschöpfung - Naturerlebnis als grundlegende Freizeit- und Urlaubsaktivität - in Osttirol. Die Einbringung der Isel und ihrer Zuflüsse in das Netzwerk NATURA 2000 garantiert einen bedeutenden Imagegewinn für Osttirol, den einzigen Nationalparkbezirk Tirols», betont Theresia Brugger vom Verein zur Erhaltung der Erholungslandschaft Osttirol.

Tamarisken-Studie macht deutlich: Österreich trägt Verantwortung für den Erhalt ökologischer Vielfalt
«Mit dem EU-Beitritt hat sich Österreich verpflichtet, für das NATURA 2000-Netzwerk besondere Schutzgebiete zur Sicherung der Artenvielfalt und Erhaltung der natürlichen Lebensräume von europäischem Interesse auszuweisen: Der Lebensraum der alpinen Flüsse mit Tamarisken-Ufergehölzen ist von solchem Interesse», erläutert Helmut Kudrnovsky, Autor der Studie «NATURA 2000 und Alpine Flüsse mit Ufergehölzen von Myricaria germanica (LRT 3230) - Die Bedeutung der Isel und ihrer Zubringer für das EU-Schutzgebietsnetzwerk». «Eine Analyse europaweit zur Verfügung stehender Daten zeigt, dass in Österreich die Tamarisken-Bestände an Isel, Tauernbach, Kalserbach und Schwarzach die wichtigsten und für die Zentralalpen repräsentativsten Tamarisken-Bestände sind und diese eine zusammenhängende Metapopulation bilden. Mit den für den nordalpinen Bereich typischen Tamarisken-Beständen am Lech und den Vorkommen an den Osttiroler Gletscherbächen besitzt Österreich eine sehr hohe Verantwortung für den Erhalt dieser geografischen und ökologischen Vielfalt und somit auch für die Kohärenz des europaweiten NATURA 2000-Schutzgebietsnetzwerkes. Daher ist aus naturschutzfachlicher Sicht neben dem schon ausgewiesenen NATURA 2000-Gebiet im Lechtal eine Nominierung der Osttiroler Tamarisken-Vorkommen unverzichtbar. Dafür ist es jedoch erforderlich, die natürlichen und dynamischen ökologischen Prozesse von Abflussregime und Geschiebehaushalt aufrecht zu erhalten. Dies ist mit einer verstärkten energiewirtschaftlichen Nutzung nicht möglich», hält Kudrnovsky fest.

Tiroler Landesregierung blockiert Naturschutz - ergänzende Beschwerde an EU-Kommission folgt
Die europäischen Naturschutzrichtlinien geben das Ziel vor, den günstigen Erhaltungszustand der Lebensräume und Arten zu bewahren bzw. wiederherzustellen. In einer Zusammenschau für ganz Europa wird der Erhaltungsstand für den Lebensraum der alpinen Flüsse mit Tamarisken-Ufergehölzen als nicht günstig ausgewiesen. «Auf Basis der aktuellen Einschätzung der Osttiroler Tamarisken-Vorkommen wird in Brüssel daher ein neuer Vorstoß für die NATURA 2000-Nominierung gestartet. Da die Tiroler Landesregierung zur Nachnominierung dieser für die Zentralalpen repräsentativen Bestände weiterhin nicht bereit scheint, wird eine ergänzende Beschwerde an die EU-Kommission eingebracht und somit ein Verfahren bis zum EuGH in die Wege geleitet», so Heilingbrunner und Haßlacher abschließend.