Salzburg: Sturm der Entrüstung über geplante Gesetzesnovellierung

  • Alpenverein, Umweltdachverband, Naturschutzbund und BirdLife kritisieren die massive Schwächung des Naturschutzes und die Entmachtung der Landesumweltanwaltschaft

30.08.23 (ÖAV, UWD, ÖNB, BirdLife) In Salzburg drohen eine massive Schwächung des Naturschutzes und die Entmachtung der Landesumweltanwaltschaft (LUA). Der Gesetzesentwurf befindet sich seit Anfang August in Begutachtung, doch schon lange zuvor hat es Kritik gehagelt. Unisono fordern der Österreichische Alpenverein, Umweltdachverband, Naturschutzbund und BirdLife die Salzburger Landesregierung erneut eindringlich auf, von einer Schwächung der Umweltstandards abzurücken. Der Anspruch der Organisationen: „Eine moderne, zukunftsorientierte Landespolitik schützt die Natur als Lebensgrundlage, dient als Garant der Klimawandelanpassung und sorgt mit klugen Rahmenvorgaben für eine naturverträgliche Energiewende!“

  • Mit dieser Stellungnahme richten sich der Umweltdachverband und seine Mitgliedsorganisationen Österreichischer Alpenverein, Naturschutzbund Österreich und BirdLife Österreich an die Salzburger Landesregierung: Stellungnahme
  • Zum Gesetzesentwurf, mit dem das Salzburger Naturschutzgesetz 1999 und das Landesumweltanwaltschafts-Gesetz geändert werden soll: Gesetzesentwurf

Drohende Entmachtung der Landesumweltanwaltschaft (LUA)
„Die Landesumweltanwaltschaft ist eine der letzten Instanzen, die auf Landesebene dem Wildwuchs von naturzerstörerischen Projekten Einhalt gebieten kann. Sie trägt in Salzburg seit mehr als 35 Jahren wesentlich zu einer intakten Umwelt bei und sorgt in rechtlichen Verfahren für den nötigen Ausgleich zwischen wirtschaftlichen Interessen und dem Erhalt der Natur“, betont Franz Maier, Präsident des Umweltdachverbandes. Nicht zuletzt stärkt die LUA den Umwelt- und Naturschutz im Interesse künftiger Generationen, denn ohne Sicherung und Bewahrung intakter Ökosysteme, die als Kohlenstoffsenken und dämpfend bei der Klimaerhitzung wirken, sind auch die Klimaziele nicht erreichbar.Um den Ausbau von erneuerbaren Energien zu beschleunigen, droht die Eliminierung des Revisionsrechtes der LUA vor dem Verwaltungsgerichtshof bei Genehmigungsverfahren für Anlagen im Bereich der Erneuerbaren. Dies hätte eine massive Schwächung des Umweltrechtsschutzes zur Folge.Die Stärkung von Naturschutz und die Landesumweltanwaltschaft sieht BirdLife-Geschäftsführer Gábor Wichmann jedoch als Schlüssel dafür, zukunftsfitte Schritte in Richtung sozial- und naturverträgliche Energiewende zu setzen: „Auf die Erfahrung und das Wissen der weisungsfreien und unabhängigen Salzburger Umweltanwaltschaft darf auch in Zukunft nicht verzichtet werden! Die Beschränkung ihres Handlungsspielraumes hätte gravierende Folgen. Die Salzburger Landesregierung ist aufgerufen, sich in sachlicher Weise mit den Argumenten der Umweltanwaltschaft auseinanderzusetzen.“

Deckmantel „öffentliches Interesse“
Die geplante Novellierung des Salzburger Naturschutzgesetzes sieht einen automatischen Vorrang für erneuerbare Energien bei der Abwägung der öffentlichen Interessen vor.Auch die grundsätzliche Abschwächung der Hürde für die Anerkennung anderer öffentlicher Interessen wäre die Folge. Mit dem Gesetzesentwurf spitzt sich die Lage für den Natur- und Landschaftsschutz weiter zu. Es ließen sich unter diesen Bedingungen nämlich nicht nur Kraftwerksprojekte zugunsten der Energiewende, sondern auch Skilifte oder Hotels rasch unter den Deckmantel des öffentlichen Interesses umsetzen.

Infrastruktur ohne Bewilligungspflicht
Straßen-, Wege- und Nebenanlagenbau ohne Bewilligung – auch das wäre nach Umsetzung der Gesetzesnovellierung zur Errichtung erneuerbarer Energieanlagen möglich, denn die Bewilligungspflichten für weitere infrastrukturelle Maßnahmen würden fallen. Im Fall des umstrittenen Windkraftprojekts Windsfeld bedeutet das etwa die Errichtung einer Aufschließungsstraße ins alpine Gelände mit einer Fahrbahnfläche von ca. 2 Hektar, zuzüglich einer mindestens ebenso großen Böschungsfläche – ohne eine naturschutzrechtliche Bewilligung. „Damit entzieht man ein Viertel der benötigten und zwischen 12 und 18 Hektar großen Fläche aus jener Zone, für die eine Bewilligungspflicht gilt. Und das, obwohl es sich um eine Straße im alpinen Gelände handelt“, beklagt Peter Kraus, 1. Vorsitzender des Landesverbandes Salzburg im Alpenverein.

Nicht zuletzt ermöglicht der Gesetzesentwurf die Beiziehung nicht amtlicher Sachverständiger. In § 47 heißt es etwa: „(1b) Die Beiziehung von nicht amtlichen Sachverständigen in Verfahren nach diesem Gesetz ist auch ohne das Vorliegen der Voraussetzungen des § 52 Abs 2 und 3 AVG zulässig. Es können auch fachlich einschlägige Anstalten, Institute oder Unternehmen als Sachverständige bestellt werden.“ Demnach können amtliche Sachverständige durch private ersetzt werden, wenn der kritische Blick der Sachverständigen des Landes nicht erwünscht ist.

Naturschutzorganisationen fordern zukunftsorientierte Lösungen
„Wir befinden uns inmitten eines globalen Massensterbens. Auch die Folgen der Klimakrise und des Bodenverbrauchs sind längst spürbar geworden“, betont Winfrid Herbst, Vorsitzender des Naturschutzbundes Salzburg. Für die Umweltorganisationen muss die Problemlösung daher den Schutz der Biodiversität und Ökosysteme gewährleisten und gleichzeitig der Steigerung erneuerbarer Energien und der Reduktion der Treibhausgasemissionen dienen. Dazu gehören Effizienzsteigerung bei bestehenden Anlagen, eine Energiesparoffensive sowie die Nutzung bereits verbauter Infrastruktur für einen massiven Ausbau der Photovoltaik.

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